24. Mai 2022

Bläuende Landschaften

Quelle: jungefreiheit.de

Foto: afd.de

von Felix Krautkrämer

In Brandenburg, Sachsen und Thüringen werden in diesem Jahr neue Landtage gewählt. Die gestrige Kommunalwahl galt vielen daher auch als Stimmungstest für die Urnengänge im September und Oktober. Und die Ergebnisse dürften sowohl bei der CDU als auch bei SPD und Linkspartei für tiefe Stirnfalten sorgen. 

 

  • Sachsen

In Sachsen muß Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) um seine Regierungsmehrheit fürchten. Denn nicht nur seine eigene Partei ließ am Sonntag ordentlich Federn. Auch sein sozialdemokratischer Koalitionspartner schwächelt. Die AfD hingegen kann ihren Erfolgskurs von der Bundestagswahl fortsetzen.

Nicht nur wurde sie bei der Europawahl stärkste Kraft, auch bei den Kreistagswahlen setzten sich die Blauen vielerorts gegen die CDU durch. So zum Beispiel in Bautzen, wo die AfD mit 29,4 Prozent stärkste Kraft wurde, knapp gefolgt von der CDU, die auf 29,1 Prozent kam. Die SPD landete bei 8,4 Prozent und die Grünen bei 5,1 Prozent. Die Linkspartei holte 10,3 Prozent und die FDP 6,1 Prozent.

Dem neugewählten Kreistag von Bautzen könnte künftig auch wieder ein altbekanntes Gesicht angehören: Der frühere sächsische Bundestagsabgeordnete Henry Nitzsche hat gute Chancen für die AfD in das Kommunalparlament einzuziehen. Die AfD entsendet 29 Abgeordnete in den Kreistag.

Nitzsche, der im Wahlkreis Bautzen 12 angetreten war, hatte von 1994 bis 2002 für die CDU im sächsischen Landtag gesessen und im Anschluß daran im Bundestag. 2006 trat er aus Partei und Fraktion aus und gehörte dem Bundestag bis zu seinem Ausscheiden 2009 als fraktionsloser Abgeordneter an. Er gründete die Wählervereinigung Arbeit-Familie-Vaterland, mit der er 2008 in Fraktionsstärke in den Kreistag von Bautzen einzog. 2012 löste sich das Bündnis jedoch wieder auf.

Ein endgültiges Landesergebnis für den Freistaat lag bis zum Abend noch nicht vor. Die CDU blieb jedoch die Partei mit den meisten Stimmen. Platz 2 dürfte klar die AfD behaupten. Bei Platz 3 wird es auf ein Rennen zwischen Linkspartei und Freien Wählern hinauslaufen. Die SPD wird sich voraussichtlich mit einem einstelligen Ergebnis zufrieden geben müssen.

Oberbürgermeisterwahl: AfD-Kandidat siegt in Görlitz

Auch im Kreis Görlitz gewann die AfD mit 29,1 Prozent die Wahl. Zweiter wurde die CDU mit 25,5 Prozent. Für die SPD reichte es hier mit 5,0 Prozent nur für Platz sechs hinter den Freien Wählern (12,7 Prozent), der Linkspartei (9,1 Prozent) und den Grünen (6,2 Prozent).

In Görlitz konnte zudem der AfD-Kandidat für das Amt des Oberbürgermeisters, Sebastian Wippel, einen großen Erfolg für sich verbuchen. Er gewann mit 36,4 Prozent den ersten Wahlgang, verpaßte allerdings die notwendige absolute Mehrheit. Auf Platz 2 landete CDU-Mann Oktavian Ursu (30,3 Prozent), die drittmeisten Stimmen erhielt Grünen-Bewerberin Frankziska Schubert (27,9 Prozent). Für Jana Lübeck (Linkspartei) stimmten 5,5 Prozent der Wähler.

Damit kommt es am 16. Juni zu einem zweiten Wahlgang, bei dem eine einfache Mehrheit zum Sieg reicht. Gegenüber der JUNGEN FREIHEIT sprach Wippel von einem „grandiosen Ergebnis“, das er in dieser Höhe nicht erwartet habe. „Es zeigt: Die Leute hier wollen einen Wechsel.“

Beim zweiten Wahlgang wird es jedoch vermutlich schwer für den 37 Jahre alten früheren Polizeihauptkommissar. Absprachen unter den etablierten Parteien sind wahrscheinlich. Schubert könnte von einer weiteren Kandidatur absehen. „Ich bin mir meiner Verantwortung für diese Stadt sehr bewußt“, kündigte sie bereits kurz nach Bekanntwerden der ersten Ergebnisse an. „Ich möchte nicht, daß Görlitz einen AfD-Bürgermeister hat.“ Sie werde überlegen, ob sie zum zweiten Wahlgang antrete. Für AfD-Kandidat Wippel ein „erwartungsgemäßes Verhalten“.

Freital und Heidenau gehen an die AfD

In den übrigen Kreisen erreichte die AfD durch die Bank weg einen stabilen zweiten Platz hinter der CDU. In einigen Gemeinden lag sie sogar vor der CDU, so zum Beispiel im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge. Hier wurde sie in den beiden Städten Freital und Heidenau mit 26 beziehungsweise 29,5 Prozent stärkste Partei. Beide Städte waren in der Hochphase der Flüchtlingskrise deutschlandweit in die Schlagzeilen geraten.

In der Landeshauptstadt Dresden ergatterten die Grünen nach der Auszählung nahezu aller Wahlgebiete mit 20,4 Prozent den Spitzenplatz. Zweiter wurde mit 18,3 Prozent die Union gefolgt von der AfD mit 17,1 Prozent. In Leipzig wurde die Linkspartei mit 21,4 Prozent Spitzenreiter vor den Grünen mit 20,7 Prozent. Die AfD landete hier mit 15,7 Prozent auf Platz 4 hinter der Union, die 17,5 Prozent bekam.

In Chemnitz dagegen zeiget sich das gewohnte Bild im Freistaat. Auf Platz 1 die CDU mit 19,9 Prozent, gefolgt von der AfD mit 17,9 Prozent. Dritter wurde die Linkspartei mit 16,7 Prozent. Die Vereinigung „Pro Chemnitz.DSU“ kam auf rund 7,7 Prozent und wird mit fünf Abgeordneten im Stadtrat vertreten sein.

  • Thüringen

In Thüringen muß Ministerpräsident Bodo Ramelow ebenfalls um seinen Posten bangen. Sowohl seine Linkspartei (13,9 Prozent; minus 8,0 Punkte) als auch der Regierungspartner SPD (13,3 Prozent; minus 5,0 Punkte) verloren nach der Auszählung von 2.906 Stimmbezirken (von insgesamt 3.000) deutlich gegenüber der Kommunalwahl 2014. Lediglich die Grünen gewannen zwei Punkte hinzu. Stärkste Kraft wurde jedoch, wie schon bei der Landtagswahl 2014, die CDU mit 27,6 Prozent, auch wenn die Christdemokraten im Vergleich zur vergangenen Kommunalwahl 7,4 Punkte einbüßten. Auf Platz 2 landete mit einem Plus von mehr als 17 Punkten die AfD, die 17,7 Prozent holte. In absoluten Stimmen (521.077) waren das etwas weniger, wie SPD und Grüne (7,4 Prozent) zusammen erhielten (606.013).

In Gera gewann die AfD die Wahl mit Abstand vor den übrigen Parteien. Sie erhielt 28,8 Prozent und lag damit deutlich vor der Linkspartei (18,3 Prozent) und der CDU (12,9 Prozent). Letztere verlor hier 11,7 Punkte, die Linkspartei büßte 13,2 Punkte ein.

In Saalfeld-Rudolstadt belegte die AfD mit 22,4 Prozent knapp den zweiten Platz nach der CDU mit 22,8 Prozent, allerdings fehlte hier am Abend noch ein ausgezählter Stimmbezirk. Die CDU hatte wie immer traditionell im Eichsfeld ihre Hochburg im Freistaat. Trotz Verlusten kam sie hier noch auf 48,6 Prozent (minus 9,1 Punkte). Auf Platz 2 landete mit 13,5 Prozent die AfD. Die übrigen Parteien blieben abgeschlagen im einstelligen Bereich.

In der Gemeinde Bornhagen im Eichsfeld erzielte die AfD 31,1 Prozent und landete damit nur wenige Stimmen hinter der CDU, die 32,3 Prozent auf sich vereinigen konnte. In Bornhagen lebt der AfD-Fraktions- und Landeschef Björn Höcke mit seiner Familie.

Die Grünen konnten dagegen in Weimar punkten und belegten mit 18,1 Prozent den Spitzenplatz vor dem Bürgerbündnis „Weimarwerk“ (17,9 Prozent). Die CDU holte 17,6 Prozent, die Linke 16,3, die SPD 13,2 und die AfD 11,3 Prozent.

  • Brandenburg

In Brandenburg, wo wie in Sachsen am 1. September ein neuer Landtag gewählt wird, behauptete die CDU bei den Kommunalwahlen mit 18,3 Prozent den ersten Platz. Sie verlor jedoch 6,5 Prozentpunkte gegenüber der Wahl 2014. Knapp dahinter landete die SPD mit 17,7 Prozent (minus 6,9 Punkte), während die AfD mit 15,9 Prozent (plus zwölf Punkte den dritten Platz erreichte. AfD-Landeschef Andreas Kalbitz verspricht sich von dem Ergebnis „ordentlichem Rückenwind“ für die Landtagswahl. „Die AfD ist gekommen, um zu bleiben.“ Die Linkspartei kam auf 14,1 Prozent (minus 6,1 Punkte) und die Grünen konnten sich über 11,1 Prozent freuen (plus 4,8 Punkte).

Ihre besten Ergebnisse erzielte die AfD vor allem im Südosten Brandenburgs. In Jänschweide kam die Partei auf 36,4 Prozent, in Heinersbrück auf 38,8 Prozent, in Jämlitz-Klein Düben sogar auf 42,6 Prozent.  Auch in Cottbus landete sie mit 22,3 Prozent auf Platz 1 – mit großem Abstand zur CDU (17,2 Prozent). Die wurde in Brandenburg an der Havel mit 26,7 Prozent stärkste Kraft, verlor aber gegenüber der Wahl vor fünf Jahren 10,6 Prozentpunkte. Ihr folgt die SPD mit 16,5 Prozent. Drittstärkste Fraktion wird die AfD mit 14,7 Prozent, die um ganze 8,9 Prozent im Vergleich zur Wahl 2014 zulegen konnte.

Die SPD behielt insbesondere im Westen Brandenburgs die Oberhand. Auch in der Landeshauptstadt Potsdam erreichte sie mit 19,4 Prozent den ersten Platzknapp vor den Grünen mit 18,7 Prozent und der Linkspartei mit 18,1 Prozent. Die CDU mußte sich CDU 12,4 Prozent geschlagen geben. Die AfD blieb mit 9,4 Prozent deutlich unter ihrem Landesschnitt. (Mitarbeit Björn Harms)

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