Quelle: bibelundbekenntnis.de
Am Freitag, den 30. Juni 2017, hat der Deutsche Bundestag eine Ergänzung von § 1353 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) beschlossen, der jetzt lautet: „Die Ehe wird von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen.“ Das ist eine verhängnisvolle Fehlentscheidung.
Diese staatliche Entscheidung war seit langem abzusehen, auch wenn sie jetzt in einem unangemessen schnellen Verfahren getroffen wurde. Ich bedauere sehr, dass sich eine so große Mehrheit der Abgeordneten des Deutschen Bundestages für dieses Gesetz entschieden hat. 393 ja, 226 nein, 4 Enthaltungen.
Der eigentliche Skandal besteht allerdings darin, dass die evangelischen Kirchen in dieser Sache Vorreiter waren. Und der Rat der EKD gibt dieser Bundestagsentscheidung in seiner Erklärung vom 28. Juni 2017 bereits vorab die kirchliche Zustimmung:
„Für die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) sind Vertrauen, Verlässlichkeit und die Übernahme von Verantwortung in der Gestaltung menschlicher Beziehungen von zentraler Bedeutung. Aus Sicht der EKD bietet die Ehe dafür beste Voraussetzungen und ist deshalb ein Zukunftsmodell. Sie bildet den rechtlichen Rahmen für ein Zusammenleben von zwei Menschen, das auf lebenslanger Treue beruht. Dass auch für gleichgeschlechtlich liebende Menschen, die den Wunsch nach einer lebenslang verbindlichen Partnerschaft haben, der rechtliche Raum vollständig geöffnet wird, in dem Vertrauen, Verlässlichkeit und Verantwortung durch gesetzliche Regelungen geschützt und unterstützt werden, begrüßt die EKD. Die Bedeutung der Ehe zwischen Mann und Frau wird dadurch keineswegs geschmälert. Im Gegenteil – sie wird noch einmal unterstrichen.“
Das Nachrichtenmagazin idea meldet dazu am 30.6.2017: „Zum Rat der EKD gehören 15 Mitglieder. Vorsitzender ist Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm (München). Ebenfalls Ratsmitglied ist der Präses des Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverbandes, Michael Diener (Kassel). Auf die Frage der Evangelischen Nachrichtenagentur idea, ob er als Repräsentant eines der größten evangelikalen Dachverbände das Pro-Ehe-für-alle-Votum mittrage, sagte Diener, dass er sich zum Themenfeld Homosexualität seit Anfang 2016 nicht mehr öffentlich geäußert habe und daran auch weiterhin festhalte. Dagegen sagte das EKD-Ratsmitglied Thomas Rachel – er ist Vorsitzender des Evangelischen Arbeitskreises der CDU/CSU und Parlamentarischer Staatssekretär – gegenüber idea zur Stellungnahme des EKD-Rates: ‚Ich habe bei diesem Thema eine andere Auffassung vertreten.‘“
Welche Konsequenzen hat das nun für uns Christen, die wir eine solche Entscheidung nicht gutheißen können?
Ich will hier nicht wiederholen, aus welchen biblisch-theologischen Gründen praktizierte Homosexualität Sünde ist und warum gleichgeschlechtliche Partnerschaften von der Kirche nicht gesegnet und der Ehe gleichgestellt werden dürfen. Das ist wiederholt ausführlich geschehen und auf der Internetseite www.bibelundbekenntnis.de dargestellt worden.
Was bedeutet es aber, wenn der Staat legalisiert, was nach der Bibel Sünde ist?
Es wird geschehen, was Gottes Wort sagt: „Gerechtigkeit erhöht ein Volk; aber die Sünde ist der Leute Verderben.“ (Sprüche 14,34) Und: „Sie haben Gottes Wahrheit in Lüge verkehrt und das Geschöpf verehrt und ihm gedient statt dem Schöpfer, der gelobt ist in Ewigkeit. Amen. Darum hat sie Gott dahingegeben in schändliche Leidenschaften… Und wie sie es für nichts geachtet haben, Gott zu erkennen, hat sie Gott dahingegeben in verkehrten Sinn, sodass sie tun, was nicht recht ist“. (Römer 1,25f.28)
Christen sollten wissen, dass unsere heutige Situation nicht ungewöhnlich ist. Die meisten Christen in der Welt lebten und leben in Staaten und Kulturen, die als legal ansehen, was nach Gottes in der Bibel geoffenbarten Geboten nicht recht ist. In vielen Ländern ist z.B. die Vielehe legal und gilt kulturell und religiös als legitim. Trotzdem richten sich Christen in diesen Ländern nach dem neutestamentlichen Gebot der Einehe. Wenn Polygamisten sich dort zu Jesus bekehren, ändern sie ihre Lebensweise. Die christlichen Gemeinden helfen ihnen, dass sie seelsorgerlich begleitet und die Übergangszeiten menschlich und sozial verträglich gestaltet werden.
Im 1.Korintherbrief, Kapitel 6,11 wird auch im Blick auf Gemeindeglieder, die früher homosexuell praktizierten, geschrieben: „Und solche sind einige von euch gewesen. Aber ihr seid reingewaschen, ihr seid geheiligt, ihr seid gerecht geworden durch den Namen des Herrn Jesus Christus und durch den Geist unseres Gottes.“ Es gab in der Gemeinde keine Berührungsängste. Homosexuelle Praxis war in der griechischen Gesellschaft akzeptiert. Die Bekehrung zu Jesus aber veränderte die Lebensweise durch Vergebung der Sünden und durch Gottes Geist.
Wir werden in Zukunft solche Veränderungen selbstverständlich erwarten und erleben, auch wenn Schwulen- und Lesbenorganisationen wütend dagegen kämpfen werden. Sie beschuldigen die Christen, die Menschenrechte zu verletzen, und werden das in Zukunft verstärkt tun. Auch das ist nicht neu. Im alten Rom unter Kaiser Nero wurden Christen des „Hasses auf das Menschgeschlecht“ (odium humani generis) beschuldigt und deswegen sogar getötet.
Widerstand ist angesagt!
Unser größtes Problem sind nicht die feindseligen Angriffe aus der Mehrheitsgesellschaft, sondern die Verleugnung und Verdrehung der biblischen Wahrheit in Kirchen und Gemeinden. In fast allen evangelischen Kirchen in Deutschland sind die Kirchenleitungen zu Befürwortern und Unterstützern der gleichgeschlechtlichen Partnerschaften geworden. Die aktuelle Erklärung des Rates der EKD beweist erneut die Rücksichtslosigkeit, mit der Kirchenleitungen ihre Positionen durchsetzen wollen. Gott sei Dank akzeptieren wir in den evangelischen Kirchen kein Lehramt der Kirchenleitungen. Widerstand ist angesagt. Gemeinden, einzelne Christen und Pastoren, die dem biblischen Wort Gottes folgen, können von den Kirchenleitungen keine Unterstützung erwarten. Im Gegenteil, sie werden unter Druck gesetzt, bestenfalls als aussterbende Minderheit vorübergehend geduldet.
Die aktuelle Gesetzgebung wird den Anpassungsdruck auf die Gemeinden weiter erhöhen. Die Bereitschaft zum gemeinsamen Widerstand ist in unserem Land nicht stark ausgeprägt und gegenwärtig nur hier und da erkennbar.
Wir sollten nicht vergessen, dass die „eine heilige christliche Kirche“, der Leib des Jesus Christus, in aller Welt lebt. Außer in Westeuropa wächst die christliche Kirche weltweit – oft gerade dort, wo sie Not, Druck und Verfolgung ausgesetzt ist. In Asien und Afrika sind die Kirchen daran gewöhnt, dem Wort Gottes treu zu sein, auch wenn sie dafür einen hohen Preis zahlen müssen.
Vor kurzem begegnete ich dem lutherischen Bischof Jacob Mameo, dem Leiter der Diözese Morogoro in Tansania. Er gehört zu den Mitverfassern der Dodoma-Erklärung von 2010. Darin lehnen die lutherischen Bischöfe von Tansania alle Versuche der personellen und finanziellen Einflussnahme durch europäische Kirchen zur Durchsetzung ihrer bibelkritischen Theologie und Ethik in Afrika ab. Er reiste zwei Wochen durch Deutschland und stärkte das Vertrauen zum Wort Gottes in den Gemeinden. Das brauchen wir dringend nötig.
Welche Szenarien wird es geben?
Der Beschluss des Deutschen Bundestages fordert die Gemeinden zur Stellungnahme heraus. Noch viel mehr allerdings die Stellungnahme der EKD. Wollen die Gemeinden anerkennen, dass gleichgeschlechtliche Paare Ehen nach biblischen Maßstäben schließen können? Viele werden vermeiden, in dieser Frage Stellung zu beziehen, solange sie nicht durch Anforderungen in den eigenen Gemeinden praktisch dazu gezwungen werden. Es werden sehr unterschiedliche Situationen entstehen.
1. Gemeindeleitungen vermeiden die Diskussion und Stellungnahme zur Homo-Ehe. Sie versuchen auch die offene Diskussion darüber in der Gemeinde zu vermeiden. Man rechnet damit, dass die Aufregung sich legt und man sich an das veränderte Eheverständnis gewöhnt. Diese Einstellung geht davon aus – ausgesprochen oder unausgesprochen, dass das neutestamentliche Verständnis der Ehe als lebenslange Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau nicht von Gott gewollt und verbindlich ist.
2. Gemeinden befürworten Homo-Ehe und praktizieren Segnung oder Trauung. Sie erfahren dagegen weder im Leitungsgremium noch von Mitgliedern Widerspruch.
3. Gemeindeleitungen befürworten die Homo-Ehe. Aber es gibt in der Gemeinde Widerspruch gegen diese Einstellung und gegen die Segnung oder Trauung gleichgeschlechtlicher Paare,
4. Gemeindeleitungen lehnen die Homo-Ehe und entsprechend auch die Segnung oder Trauung gleichgeschlechtlicher Paare ab. Sie werden darin von ihren Gemeindegliedern unterstützt.
5. Gemeindeleitungen lehnen die Homo-Ehe und entsprechend auch die Segnung oder Trauung solcher Paare ab. Dagegen gibt es Widerstand durch Gemeindeglieder.
6. Gemeindeleitungen sind sich in ihrer Beurteilung der Homo-Ehe nicht einig. Die Uneinigkeit wird auch mehr oder weniger deutlich unter den Gemeindegliedern geäußert.
Ich verzichte darauf, die Vorgehensweisen und Reaktionen zu beschreiben, die in den verschiedenen Szenarien möglich sind. Ob und wie wir im Netzwerk Bibel und Bekenntnis Gemeinden in den Konflikten helfen können, werden wir herausfinden müssen. Was werden die regionalen Zusammenschlüsse und Initiativen tun?
Kanzelerklärung
Angeregt durch Mitglieder unseres Netzwerks empfehle ich Pfarrern und Predigern, möglichst bald eine persönliche Erklärung in Gottesdiensten und anderen Gemeindeversammlungen abzugeben. Sie könnte folgendermaßen lauten:
„Aus aktuellem Anlass möchte ich als Pfarrer / Prediger dieser Gemeinde / Gemeinschaft, der für die Bewahrung der christlichen Lehre verantwortlich ist, etwas klarstellen. Der Deutsche Bundestag hat entschieden, dass auch homosexuelle Paare die Ehe schließen können. Dieser Beschluss widerspricht dem biblischen Verständnis der Ehe, die nach Gottes Willen und Stiftung eine Verbindung zwischen Mann und Frau ist. Die Paarung zwischen Mann und Mann und Frau und Frau widerspricht dem Willen Gottes. Sie führt zum Ausschluss aus dem Reich Gottes, erklärt der Apostel Paulus (1.Korinther 6,9f). Deshalb ist das neue Eheverständnis für unseren Glauben, unser Lehren und Handeln als christliche Gemeinde ungültig und nicht maßgebend. Gerne kann ich Ihnen dazu im persönlichen Gespräch Näheres mitteilen.“
30. Juni 2017
Ulrich Parzany, Vorsitzender des Netzwerks Bibel und Bekenntnis