22. Januar 2022

Alzheimer – im Leiden des Vergessens der Gnade Gottes begegnen

Quelle: ethos.ch

Foto: ethos.ch

1957 gründete Erich Dentler das Tourneetheater «Die Boten» mit dem Ziel, die christliche Botschaft weiterzutragen. Nach 47 Jahren aktivem Theaterspielen erkrankte er an Alzheimer und verstarb fünf Jahre später als 85-Jähriger. Seine Tochter Mirjam spricht über das Vergessen und die schwere Zeit des Abschiednehmens.

ethos: Wie war das Verhältnis von euch Kindern zu eurem Vater?

Mirjam Dentler: Wir liebten uns innig. Papa war immer für uns da. Auch wenn er viel unterwegs war. Alles, was uns als Kinder belastete, konnten wir mit unseren Eltern besprechen. Auch später im Erwachsenenalter waren wir tief miteinander verbunden durch Beruf, Wohnen und – was das Wichtigste war – unserem gemeinsamen Glauben an Christus. Wir hatten das gleiche Ziel.

Das heisst nicht, dass wir immer gleicher Meinung waren – aber wir haben versucht, miteinander die Probleme des Lebens anzugehen. Ich als Jüngste der Familie war über 20 Jahre bei meinem Papa angestellt, meine Geschwister länger. Zusammen leben und arbeiten war und ist bestimmt auch manchmal eine Herausforderung, aber es hat uns zusammengeschweisst. Wir kannten uns so gut, dass ein Blick genügte, um zu wissen, was der andere denkt. Das ist heute auch noch so.

Nicht nur die Schwierigkeiten (und von denen gab es genug) konnten wir zusammen tragen, wir konnten auch zusammen weinen und lachen. Papa hatte einen köstlichen Humor. Als guter Schauspieler war er auch ein Humorist. So kam es auch, dass wir gelegentlich, als Papa schon krank war, in gewissen höchst tragischen Momenten mit Humor die Situation etwas entschärfen konnten. Papa hat auch mitgelacht, wenngleich er gar nicht wusste, worum es eigentlich ging. Aber wir konnten somit alles etwas besser – oder schneller(?) – verarbeiten und Papa hat die grosse Tragik nicht in aller Härte erfasst.

Wann und woran merktet ihr, dass mit eurem Vater etwas nicht stimmte?

Es war 2003. Wir waren bei einem Gastspiel in Deutschland. Ohne Vorwarnung platzte die wohl schon länger tickende Bombe.

Wir arbeiteten nachmittags in der Kirche und Papa marschierte los, den Ort etwas auszukundschaften. Orientierung war für ihn nie ein Problem. In seiner langen Tätigkeit als Schauspieler – stets unterwegs, Jahr für Jahr, an verschiedensten Orten, er fand das Ziel immer – ohne Navi. So kam’s, dass kurz vor Spielbeginn (er spielte selbst an diesem Abend nicht mit) eine Frau auf mich zukam und berichtete, dass man Papa umherirrend orientierungslos vorgefunden hätte und zur Kirche zurückbegleitet habe. Zum Glück hat er jemanden getroffen, der gut informiert war über unseren Gastauftritt.

Ich war geschockt! Hätte ich an diesem Abend eine Rolle gehabt, ich hätte sie schlecht gespielt. Und die Hauptakteure wussten noch nichts davon.

Lesen Sie das ganze Interview in ethos 11/2012