9. Mai 2021

Christliche Juristen sollen stärker Flagge zeigen

Quelle: idea.de

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Frankfurt am Main (idea) – Christen in der Justiz sollen in der Gesellschaft stärker Flagge zeigen. Dazu haben Redner zum Auftakt des ersten öffentlichen Kongresses der Vereinigung „Christ und Jurist“ am 4. Mai in Frankfurt am Main aufgerufen. An dem Treffen zum Thema Gerechtigkeit nehmen bis zum 6. Mai rund 180 Experten aus dem gesamten Rechtswesen teil.

„Es wurde höchste Zeit, dass christliche Juristen an die Öffentlichkeit gehen“, sagte der Präsident der Rechtsanwaltskammer Frankfurt am Main, Prof. Lutz Simon. „Wir brauchen uns unseres Glaubens nicht zu schämen.“ Das Christentum habe Europa und große Teile der Welt geprägt und präge sie nach wie vor. Allerdings bedeute heute Toleranz gegenüber Vertretern anderer Religionen oder Atheisten häufig, die eigene Position aufzugeben. Das sei ein falsches Verständnis des christlichen Glaubens. Simon verwies auf Versuche der Partei „Die Piraten“, das Tanzverbot an Karfreitag zu kippen. Sie hatten dazu Eil-Anträge an das Bundesverfassungsgericht gerichtet, die jedoch für unzulässig erklärt wurden. Simon bedauerte, dass die Reaktionen der Christen auf die Initiative der Piratenpartei kaum zu vernehmen gewesen seien. Dies gelte etwa auch für die Koranverteilung radikal-islamischer Salafisten in Fußgängerzonen. Er zitierte die Reaktion einer Passantin: „Warum verteilen Christen keine Bibeln?“

Gott will auch Gerechtigkeit auf Erden

Der Vorsitzende Richter am Hessischen Landesarbeitsgericht in Frankfurt, Peter Gegenwart, ermunterte Christen, sich für gerechtere Lebensverhältnisse zu engagieren: „Gottes Willen ist, dass auch hier auf Erden Gerechtigkeit geschieht. Dafür setze ich mich ein.“ Bei Gerichtsverhandlungen bitte er Gott vor Sitzungen um Weisheit und Erkenntnis: „Ich beziehe Gott so in die Verhandlung ein.“ Dennoch sei es nicht möglich, das Richteramt auszuüben, ohne schuldig zu werden: „Auch das Gebet um Weisheit garantiert kein richtiges Urteil.“ Es seien „ganz schwere Momente für einen Richter“, wenn er sich eingestehen müsse, ein Fehlurteil gesprochen zu haben. Er selbst finde Vergebung bei Gott, so Gegenwart.

Einsatz für Sinti-Kinder in der Freizeit

Der Richter – Sohn eines evangelischen Pfarrers – setzt sich auch in der Freizeit für Gerechtigkeit ein. Zwei bis drei Sinti-Kindern helfe er pro Woche bei den Hausaufgaben. Die Sinti seien in der Gesellschaft nach wie vor stark benachteiligt. Sie hätten häufig nicht die Chance, einen Schulabschluss zu erwerben und eine Ausbildung zu machen. Gegenwart: „Das trifft mich schon sehr.“

Wie Juristen in Ruanda helfen

Der südafrikanische Rechtsanwalt Dieter M. Achtzehn (Durban) wies darauf hin, dass an zahlreichen Stellen in der Bibel zum Einsatz für Gerechtigkeit aufgerufen werde. So heißt es alttestamentlichen Buch Jesaja (1,17): „Lernt Gutes zu tun, trachtet nach Recht, helft den Unterdrückten, schafft den Waisen Recht, führt der Witwen Sache.“ Jeder Mensch sei wertvoll in Gottes Augen und habe das Recht, „frei von Unterdrückung und Knechtschaft zu leben“, so Achtzehn. Er war von 2007 bis 2010 Direktor der Menschenrechtsorganisation „International Justice Mission“ im ostafrikanischen Ruanda. Dort half er nach eigenen Angaben zusammen mit Kollegen rund 150 Menschen, denen zum Beispiel ihr Land unrechtmäßig weggenommen wurde oder die Opfer sexuellen Missbrauchs wurden. Dabei habe man einen langen Atem gebraucht, um Benachteiligten zu ihrem Recht zu verhelfen, denn in den unteren Instanzen seien die Richter häufig bestochen worden. Aber, so Achtzehn: „Wir ermüden nicht, wenn uns der Gott der Gerechtigkeit beisteht.“ Seit Januar 2011 ist der Jurist Leiter der Ruanda-Projekte des Deutschen Gemeinschafts-Diakonieverbandes (DGD) in Marburg.

Kontaktnetz von 600 Juristen

Der Kongress wird in Zusammenarbeit mit der Deutschen Evangelischen Allianz, der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau und dem katholischen Bistum Limburg veranstaltet. Die Vereinigung „Christ und Jurist“ besteht seit 1997 und wird seit dem vergangenen Jahr von einem eingetragenen Verein unterstützt. Sie steht im Kontakt mit rund 600 Juristen, die einer der beiden großen Kirchen oder einer Freikirche angehören. Vorsitzender ist der Rechtsanwalt Patrick Menges (München).