21. Mai 2022

Evangelische US-Glaskathedrale wird katholisch

Quelle: idea.de

Das Zuhause des TV-Gottesdienstes „Hour of Power“ soll verkauft werden.

Garden Grove (idea) – Die insolvente Glaskathedrale (Crystal Cathedral) in Garden Grove (US-Bundesstaat Kalifornien) soll an die katholische Diözese von Orange County verkauft werden.

In der 31 Jahre alten und mit 10.000 Glasscheiben sowie 2.700 Sitzplätzen ausgestatteten evangelischen Kirche wird der Fernsehgottesdienst „Hour of Power“ (Stunde der Kraft) aufgezeichnet, der im deutschsprachigen Europa über die Sender Bibel TV und Tele5 zu sehen ist. Wie der Geschäftsführer von „Hour of Power“ Deutschland, Frank Handrich (Augsburg), der Evangelischen Nachrichtenagentur idea am 18. November auf Anfrage sagte, werden die Sendungen zunächst wie bisher weiter laufen. Die Glaskathedralengemeinde kann das Gebäude noch etwa drei Jahre lang nutzen. Der deutsche Trägerverein ist laut Handrich rechtlich unabhängig und finanziert sich aus eigenen Spenden. Die „Stunde der Kraft“ hat wöchentlich weltweit etwa 20 Millionen Zuschauer.

Zieht die Glaskathedralengemeinde in katholische Kirche um?

Die vor 55 Jahren von dem reformierten Pfarrer und Fernsehprediger Robert H. Schuller (85) gegründete Großgemeinde mit nach eigenen Angaben etwa 10.000 Mitgliedern hatte im Oktober 2010 ihre Zahlungsunfähigkeit erklärt. Sie hat einen Schuldenberg von umgerechnet rund 50 Millionen Euro angehäuft. Am 17. November entschied Insolvenzrichter Robert N. Kwan, dass die Liegenschaft an die katholische Diözese verkauft werden soll. Sie hat ein Gebot von umgerechnet 42,5 Millionen Euro abgegeben. In den kommenden drei Jahren kann die Glaskathedralengemeinde die Gebäude mieten. Danach muss sie umziehen, möglicherweise in die nahe gelegene katholische St. Callistus-Kirche, die von der Diözese aufgegeben wird. Der Vorstand der Glaskathedrale hatte lange Zeit einen Verkauf an die private Chapman-Universität der Kirche „Disciples of Christ“ (Nachfolger Christi) bevorzugt, die ein Gebot von 43,6 Millionen Euro abgegeben hatte. Doch in letzter Minute entschied sich das Leitungsgremium ebenfalls für den Verkauf an die Diözese, weil dies die Möglichkeit biete, dass alle Gemeindeaktivitäten vorerst weitergeführt werden können. Die Chapman-Universität wollte ihre medizinische Forschung und Lehre auf dem Gelände konzentrieren. Glaskathedralengründer Schuller erklärte in einem Schreiben an das Insolvenzgericht, er könne sich nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass die Kathedrale eines Tages nicht-religiösen Zwecken dienen sollte. Die Diözese habe versichert, dass sie die Aufgabe, „die Botschaft Christi der Menschheit zu verkündigen“, weiterführen werde.

Hauptpastorin: Für ein Wunder ist es nicht zu spät

In einer Videobotschaft erklärte die Hauptpastorin der Glaskathedrale, Sheila Schuller Coleman, es sei noch nicht zu spät für ein Wunder Gottes. Man dürfe hoffen, dass die Gemeinde binnen drei Jahren die Möglichkeit erhalte, die Liegenschaft zurückzukaufen. Anfang August hatte der Gemeindevorstand einen Spendenaufruf gestartet, um den Verkauf zu verhindern. Bis zum Erntedankfest (Thanksgiving) am 24. November sollen Freunde und Förderer mindestens 35 Millionen Euro aufbringen, um den Großteil der etwa 400 Gläubiger zu bedienen. Doch nach vorläufigen Schätzungen reicht die eingehende Summe nicht aus.

Positives Denken und Familienzwist

Die Glaskathedralengemeinde ist vor allem durch die Verkündigung einer vom positiven Denken geprägten Botschaft bekannt geworden. Doch im Jahr 2008 war es zu Streitigkeiten innerhalb der Großfamilie Schuller gekommen, die in der Leitung stark vertreten ist. Robert A. Schuller (57), ältester Sohn und designierter Nachfolger des Gründers, hatte sich von der Gemeinde getrennt. Außerdem soll es einer Klage der Gläubiger zufolge Unregelmäßigkeiten im Finanzgebaren gegeben haben. So hätten sich Familienangehörige hohe Einkünfte aus einem Rentenfonds gesichert. Danach erhält der Gründer bis zum Lebensende jährlich rund 218.000 Euro; ferner werden seine Krankenversicherung und Reisekosten bezahlt. Robert A. Schuller soll mehr als 170.000 Euro plus 700.000 Euro als Starthilfe für seine neue Gemeinde erhalten haben. Profitiert haben sollen auch Schullers Töchter und Schwiegersöhne Jeanne und Paul Dunn sowie Carol und Tim Millner. Robert H. Schuller wies die Vorwürfe als „unfair und unwahr“ zurück. Der Gemeindevorstand habe „in gutem Glauben“ gehandelt und nur die Interessen der Gemeinde im Sinn gehabt.