Quelle: idea.de
Berlin (idea) – 21 Jahre nach der Wiedervereinigung beurteilt die Generation 50-Plus im Osten die deutsche Einheit positiver als ihre Altersgenossen im Westen. Das ist das Ergebnis des jüngsten „Sozialreports 50+ 2011“ der Volkssolidarität, der am 30. September in Berlin vorgestellt wurde. Die Studie hat die Positionen der 50- bis 65-Jährigen in den östlichen Bundesländern und in Nordrhein-Westfalen untersucht.Danach sehen 49 Prozent der befragten Ostdeutschen die Einheit heute als Gewinn, in Nordrhein-Westfalen sind es 38 Prozent. Verluste mit der Wiedervereinigung verbindet nur rund ein Fünftel der Ostdeutschen in dieser Altersgruppe, aber ein gutes Drittel der Westdeutschen. Nach Angaben der Volkssolidarität wollen mit 13 Prozent inzwischen auch mehr Westdeutsche die Mauer wiederhaben als Ostdeutsche (9 Prozent). Das bedeute allerdings nicht automatisch, dass sie sich die DDR zurück wünschten. In Ost wie West sähen sich vor allem Arbeitslose und Geringverdiener als Verlierer der Einheit und sehnten sich nach ihrem Leben vor 1990 zurück.
Vertrauen in die Demokratie im Osten geringer
Aus den Statistiken des Sozialreports ergibt sich insgesamt aber eine große Lebenszufriedenheit in Ost wie West. Am positivsten sehen die Befragten private Bereiche wie Wohnen, Partnerschaft und Freizeit. Deutlich unzufriedener sind sie bei den Themen Demokratie und Einkommen. Mit der Demokratie sind im Osten nur 18 Prozent der Befragten zufrieden, im Westen sind es 23 Prozent. Vertrauen in die Bundesregierung gaben in Ost wie West rund 15 Prozent an, Landesregierungen erreichten rund 20 Prozent. Das größte Vertrauen sprachen die Interviewten mit Abstand der Polizei, dann den Gerichten und danach ihrer Stadt- oder Gemeindevertretung aus. Was die wirtschaftliche Entwicklung bis 2016 betrifft, gibt es laut Studie wenige Illusionen. Die Hälfte der Ostdeutschen und 42 Prozent der Westdeutschen gehen von einer Verschlechterung aus.
Osten ist soziale Sicherheit wichtig, Westen Freiheit
Die relativ große Zustimmung zur deutschen Einheit bedeutet nach der Analyse des Verbandes aber nicht, dass Menschen in den neuen Bundesländern sich mit dem gemeinsamen Staat identifizieren können. Nur 22 Prozent der Befragten im Osten sähen sich als Bundesbürger. Die anderen hätten noch nicht das erreicht, was sie 1990 erwartet, erhofft oder damals mit der „gefühlten Bundesrepublik“ verbunden hätten, erklärte der Präsident der Volkssolidarität, Gunnar Winkler. Vielen fehle es vor allem an der Anerkennung ihrer Lebensbiografie, an einem guten Arbeitsmarkt und Gleichbehandlung, etwa bei Mindestlöhnen. Und noch ein Unterschied fällt auf: In der Werteskala der Ostdeutschen steht nach wie vor die soziale Sicherheit an oberster Stelle, im Westen ist es die Freiheit.