26. Mai 2022

Publizistische Prügel für den Papst

Quelle: idea.de

Der Chefredakteur des EKD-Monatsmagazins „chrismon“, Arnd Brummer. Foto: PR

Frankfurt am Main (idea) – In ungewöhnlicher Schärfe kritisiert ein führender evangelischer Publizist die römisch-katholische Kirche. Drei Wochen vor dem Deutschlandbesuch von Papst Benedikt XVI. vom 22. bis 25. September veröffentlichte der Chefredakteur des EKD-Monatsmagazins „chrismon“, Arnd Brummer (Frankfurt am Main), darin Auszüge aus seinem Buch „Unter Ketzern – Warum ich evangelisch bin“. Darin begründet er seine Abkehr vom Katholizismus.

Seine Zweifel hätten begonnen, als er Priester erlebte, „die Verhältnisse zu Frauen und zu jungen Männern unterhielten. Ersteres wurde augenzwinkernd akzeptiert, Letzteres im kleinstädtischen Konstanz am Bodensee, wo ich aufwuchs, kopfschüttelnd hinter vorgehaltener Hand kolportiert“. Eine Predigt des damaligen Kurienkardinals Joseph Ratzinger – heute Papst Benedikt XVI. – habe ihn später so sehr erzürnt, dass er seiner evangelischen Frau gesagt habe: „Ab morgen zahle ich meine Kirchensteuer bei deinen Leuten.“ In der protestantischen Jubilate-Gemeinde in Hamburg habe er dann erstmals Gottesdienste erlebt, „die tatsächlich gefeiert wurden, von allen“. „Erst jetzt wurde mir klar, was ich in den katholischen Messen so oft vermisst hatte. Ich empfand die Hochämter an Weihnachten oder Ostern als ‚Holy Horror Picture Shows’. Priester und ein Dutzend Ministranten lieferten eine Inszenierung ab. Die Gemeinde blieb bis auf ein paar Lieder, Glaubensbekenntnis, Vaterunser und Fürbitten auf die Rolle des Publikums reduziert.“

„Vergötzende Marienfrömmigkeit“

Ferner kritisiert Brummer „eine überzogene, vergötzende Marienfrömmigkeit, einen Reliquien- und Heiligenkult, die seltsame Logik, dass man im Gespräch mit Gott Heilige als Fürsprecher benötige“, sowie die Ohrenbeichte. Er sei dem Herrn dankbar, so Brummer, „dass er sich seines Knechtes Joseph Ratzinger bediente, um mir den Weg in die neue Heimat zu weisen“. Die von der EKD mit jährlich vier Millionen Euro aus Kirchensteuermitteln subventionierte Monatszeitschrift „Chrismon“ hat eine Auflage von 1,6 Millionen Exemplaren, die überwiegend als kostenlose Zugabe mehreren Tages- und Wochenzeitungen beiliegt.

„Sprengsatz vor dem Papstbesuch“

Die Veröffentlichung wird in der konfessionellen Presse als Störung des ökumenischen Miteinanders beurteilt. Das evangelische Wochenmagazin „ideaSpektrum“ hält sie für einen „Sprengsatz vor dem Papstbesuch“. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) bezeichnet das Buch als Angriff auf die katholische Kirche und den Papst. Dagegen lehnen die Pressestellen der evangelischen und katholischen Kirche eine Kommentierung ab. „Chrismon“ sei eine selbständige Publikation, deren Unabhängigkeit von der EKD respektiert werde, sagte EKD-Sprecher Reinhard Mawick (Hannover) gegenüber idea. Mitglieder des Herausgeberkreises der EKD-Ratsvorsitzende, Präses Nikolaus Schneider (Düsseldorf), seine Vorgängerin Margot Käßmann (Berlin), Synoden-Präses Katrin Göring-Eckardt (Bündnis 90/Die Grünen) und der bayerische Landesbischof Johannes Friedrich (München). Dieses Gremium mische sich nicht ins Tagesgeschäft ein, so Mawick. Auch die katholische Deutsche Bischofskonferenz wollte sich zu Brummers Ansichten nicht äußern.