Quelle: idea.de
Kassel (idea) – Der künftige Vorsitzende der Deutschen Evangelischen Allianz, Präses Michael Diener (Kassel), will den evangelikal geprägten Christenbund auf eine breitere Basis stellen. „Wir sollten uns bemühen, von der Allianz distanzierte Menschen – beispielsweise Multiplikatoren aus Landes- und Freikirchen – wieder vermehrt an den regionalen Allianztisch einzuladen“, sagte der 49-Jährige in einem Interview mit der Evangelischen Nachrichtenagentur idea.Er wird zum 1. Januar die Nachfolge von Jürgen Werth (60) antreten, der das Amt seit 2007 innehat. Diener ist im Hauptamt Präses des Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverbandes (Vereinigung Landeskirchlicher Gemeinschaften). Wie er weiter sagte, gelte die Allianz weithin als evangelikal: „Das soll sie auch sein. Aber evangelikal hat eben auch einen ganz weiten evangelischen Anteil. Den möchte ich gern in den Mittelpunkt stellen.“ Er stehe für eine Allianz, „die so evangelisch wie möglich und so evangelikal wie nötig“ sei, so Diener. Als Kennzeichen für Evangelikale nannte er das Verständnis der Heiligen Schrift als Wort Gottes und „ein klares Bekenntnis zu Jesus Christus als Gottes Sohn und Erlöser der ganzen Welt“. Hinzu komme ein starkes missionarisches Anliegen, das sich auch in der Betonung von Bekehrung und Wiedergeburt zeige. Ein weiteres Merkmal der Evangelikalen sei ihre aktive Teilhabe in einer Gemeinde und gemeinsame Überzeugungen in wichtigen ethischen Fragen. Diener äußerte den Eindruck, dass der Allianz eine einseitige Konzentration auf spezielle ethische Themen nachgesagt wird, etwa bei der Abtreibung. Zwar sei der Lebensschutz elementar wichtig, doch in der Öffentlichkeit komme das „leider oft so an, als würden sich evangelikale Christen um Kinder sorgen, bevor sie geboren sind, und die anderen um diejenigen, die dann – Gott sei Dank – noch geboren werden“. Aus dieser Falle müsse man heraus.
Ja zur Konfliktberatung nach Paragraph 218
Der designierte Allianzvorsitzende äußerte sich auch zu der unter Evangelikalen strittigen Frage, ob es eine Schwangerschaftskonfliktberatung nach dem Paragraphen 218 Strafgesetzbuch in der evangelischen Kirche geben soll. Diener befürwortet eine solche Beratung, „weil wir sonst Frauen in schwierigen Situationen alleinlassen und dem ungeborenen Leben unter den momentan geltenden gesetzlichen Bedingungen nicht wirklich helfen“. Hier wünsche er sich eine differenziertere Sicht im evangelikalen Lager.
Nein zu praktizierter Homosexualität
Im Blick auf die Debatte zum Umgang mit Homosexualität sagte Diener: „Unsere Überzeugung ist, dass wir aufgrund des eindeutigen biblischen Zeugnisses kein Ja zu praktizierter Homosexualität sagen können.“ Folglich lehne man auch homosexuelle Beziehungen im Pfarrhaus oder bei freikirchlichen Pastoren sowie Segnungen gleichgeschlechtlicher Partnerschaften ab. „Doch über diese klare Position hinaus müssen wir natürlich einen seelsorgerlichen Umgang entwickeln im Umgang mit Menschen, die homosexuell empfinden oder leben“, so Diener. Das bedeute, Betroffenen in evangelikalen Kreisen einen Verbleib in ihren geistlichen Bezügen und in ihrer Gemeinschaft zu ermöglichen.
In der Kirche auf-, aber nicht austreten
Nach Ansicht des Präses steckt im Thema Homosexualität eine „gewisse Sprengkraft“. Es berge die Gefahr, zur Entfremdung zwischen Kirche und Evangelikalen – auch aus der Gemeinschaftsbewegung – beizutragen. Den innerkirchlichen Pietisten rät Diener, sich bei der Problematik deutlich zu Wort zu melden. Sie sollten in der Kirche auftreten, aber nicht austreten. Wer wegen dieser Frage aus Gewissensgründen die Kirche verlasse, werde aber in den Landeskirchlichen Gemeinschaften weiter geistlich versorgt.