29. Juni 2022

Christen verschließen die Augen vor islamischem Extremismus

Quelle: idea.de

Islambeauftragter Gerhard Duncker: Den Gemeinden fehlt das Problembewusstsein. Foto: PR

Solingen/Bielefeld (idea) – Christliche Gemeinden nehmen extremistische islamische Strömungen wie den Salafismus bisher nicht als Herausforderung wahr.

Dieser Ansicht ist der Islambeauftragte der Evangelischen Kirche von Westfalen, Kirchenrat Gerhard Duncker (Bielefeld). Es fehle an Problembewusstsein, sagte er gegenüber idea. Anlass ist die Festnahme von zwei jungen Salafisten aus Nordrhein-Westfalen im südenglischen Dover. Der 23-jährige Robert B. und der 28-jährige Christian David E. stammen aus Solingen. Ermittlungsbeamte fanden in ihrem Gepäck unter anderem Anleitungen für den Bombenbau, die vom Terrornetzwerk El Kaida stammen. Der Salafismus ist eine Glaubensform des Islam, die das gesamte gesellschaftliche und persönliche Leben ausschließlich an den Prinzipien des Koran und der Prophetentradition vor allem aus der Frühzeit des Islam ausrichten will. Veranstaltungen und Videos im Internet werden auf Deutsch angeboten und zielen auf die Bekehrung Deutscher zum Islam. Dazu sagte Duncker: „Ich sehe nicht, dass dieses Thema bei den Gemeinden im Blick ist.“ Anfragen dazu habe er bisher nicht erhalten. Duncker fordert Christen auf, der salafistischen Mission dadurch zu begegnen, dass sie sich zu ihrem eigenen Glauben bekennen und darüber reden. Dies erfordere, „den Glauben in drei Sätzen zusammenfassen zu können“. Wenige Christen seien dazu in der Lage.

Verfassungsschutz beobachtet Salafisten

Wie der Vorsitzende der Evangelischen Allianz Solingen, Pastor Karl Heinz Ermert, gegenüber idea sagte, sei ein islamischer Extremismus in der Stadt bisher nicht wahrnehmbar gewesen. Nachdem dort 1993 fünf Moslems einem Brandanschlag zum Opfer fielen, werde das Thema Islam sehr sensibel behandelt. Keine Überraschung waren die Festnahmen der beiden Salafisten für die nordrhein-westfälischen Ermittlungsbehörden. Die Leiterin des dortigen Verfassungsschutzes, Mathilde Koller, erklärte gegenüber der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“ (Ausgabe 2. August): „Im Großraum Rhein-Wupper wird durch die Sicherheitsbehörden die salafistische Szene, zu denen die beiden in England Festgenommen gehören, beobachtet.“ Nach Erkenntnissen des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes gibt es in diesem Bundesland etwa 400 Salafisten. Zwei bis drei Prozent der hiesigen Moscheegemeinden gelten als eindeutig salafistisch. Jedoch bieten auch andere solchen Predigern ein Forum. In Solingen wirkte nach Recherchen des dortigen Tageblatts der Salafisten-Prediger Ibrahim Abou-Nagie, gegen den die Kölner Staatsanwaltschaft wegen Verdachts der Volksverhetzung ermittele.