28. Januar 2022

Mission: Neugier auf den Glauben wecken

Quelle: idea.de

AMD-Generalsekretär Berneburg: Bekehrung ist in der Volkskirche noch immer ein Reizwort. Foto: idea/Rösler

Neudietendorf (idea) – Wie muss Mission heute aussehen, damit Menschen mit der christlichen Botschaft erreicht werden? Mit dieser Frage beschäftigten sich die Delegierten der Arbeitsgemeinschaft Missionarische Dienste (AMD) im Diakonischen Werk der EKD auf ihrer Jahrestagung vom 6. bis 8. Juni im thüringischen Neudietendorf bei Erfurt.

Nach Ansicht von AMD-Generalsekretär Erhard Berneburg (Hannover) dürfen sich die Kirchen heute nicht mehr auf die Vermittlung moralischer Maßstäbe beschränken, sondern müssen ihre spezifisch religiöse Kompetenz zur Geltung bringen. Es gelte vor allem, auf den Glauben neugierig zu machen und diesen überzeugend zu vermitteln. In einer Zeit, in der der christliche Glaube in weiten Teilen Mitteleuropas seine Selbstverständlichkeit verloren habe, sei es die zentrale Zukunftsaufgabe der Kirchen, so vom Glauben zu reden, „dass wir auch diejenigen Menschen anrühren und überzeugen, die ohne Berührung mit dem christlichen Glauben aufgewachsen sind oder die den Zugang zu ihm über die Jahre verloren haben“.

Evangelische Schweigsamkeit beenden

Berneburg zufolge ist der Begriff „Bekehrung“ in der Volkskirche nach wie vor ein Reizwort. Während die Begriffe „Mission“ und „Evangelisation“ spätestens seit der EKD-Synode 1999 in Leipzig eine allmähliche Rehabilitierung erführen, werde dem, der von „Bekehrung“ spreche, schnell unterstellt, er wolle die individuell verschiedenen Umkehrwege von Menschen auf ein punktuelles, datierbares Umkehrerlebnis reduzieren. „Mit dem Ruf zur Umkehr, der Einladung zur Bekehrung, tun sich die großen Volkskirchen schwer, obwohl sie zunehmend in eine missionskirchliche Minoritätssituation geraten, die eigentlich zu einer intensiven und vor allem seriösen Beschäftigung mit dem Stichwort Konversion geradezu herausfordert“, so Berneburg. Das Evangelium sei auf eine Antwort angelegt. „Deshalb gilt es, die evangelische Schweigsamkeit zu beenden, wenn es um die persönliche Glaubensantwort des einzelnen geht.“

Verständlich vom Glauben reden

Pastor Georg Gremels vom Evangelisch-lutherischen Missionswerk in Niedersachsen (Hermannsburg) sagte, Mission geschehe heute nicht mehr in erster Linie durch Missionare, sondern durch „Menschen wie du und ich“. Aus volkskirchlichen Gemeinden müssten deshalb glaubende Gemeinden werden, die auch gern von ihrem Glauben sprächen. Er beobachte jedoch eine große Sprachlosigkeit, wenn es um Glaubensinhalte gehe. Es sei wichtig, zentrale Glaubensaussagen einfach und verständlich zu erklären. Hier könnten Glaubenskurse eine Hilfe sein. Wenn Christen beispielsweise gegenüber Kirchenfernen sagten, sie brauchten Jesus, um gerettet zu werden, sei das so, „als verkaufe man Rettungsringe in der Wüste“. Gremels: „Die Menschen wissen doch gar nicht, wovor sie gerettet werden müssten. Sie fühlen sich nicht verloren.“ Eine andere Herausforderung sieht er darin, dass viele Christen sich scheuten, auf Kirchendistanzierte zuzugehen und stattdessen in ihren „frommen Ghettos“ festhingen. „Mission bedeutet nun aber mal, Grenzen zu überschreiten, um andere Milieus zu erreichen“, so Gremels.

Mission: Kirche vernachlässigt die Reichen

Die Leiterin des Amtes für missionarische Dienste der Evangelischen Kirche von Westfalen, Birgit Winterhoff (Bielefeld), äußerte den Eindruck, dass die Kirche reiche und gut situierte Menschen bei ihren missionarischen Bemühungen weitgehend außen vor lasse. Angesichts der Tatsache, dass Deutschland nach wie vor eines der wohlhabendsten Länder der Welt sei, finde sie das bedenklich. Die Bibel berichte auch von sehr reichen Menschen, mit denen Gott Geschichte geschrieben habe, etwa David oder Salomo. Blende man bei missionarischen Bemühungen die Wohlhabenden aus, bleibe ein nicht zu unterschätzender Teil der Bevölkerung unerreicht. Die AMD-Jahrestagung stand unter dem Thema „Mission erfüllt? 100 Jahre Weltmission“. Vorsitzender ist der frühere Bischof der Kirchenprovinz Sachsen, Axel Noack (Halle/Saale).