28. Januar 2022

Christ & Leid: Darf man Gott anklagen?

Quelle: idea.de

Foto: Paul-Georg Meister / pixelio.de

Wetzlar (idea) – Dürfen Christen Gott anklagen, wenn sie Leid niederdrückt? Auf diese Frage haben jetzt zwei evangelikale Theologen unterschiedliche Antworten gegeben. Sie äußern sich in Beiträgen für die Evangelische Nachrichtenagentur idea. Der Osnabrücker Notfallseelsorger Pastor Burghard Affeld bejaht die Frage: „Gott hält meine Klagen und Anklagen aus.“

Vor Gott müsse man sich nicht verbiegen, sondern könne sein Herz ausschütten. Affeld: „In meinem Herzen ist nicht nur Lob und Dank, sondern auch Verzweiflung, Anfechtung, Zorn über und Anklage gegen Gott. Aufrichtig will ich bei ihm sein. Fromme Heuchelei ist Gott zuwider.“ Die stärkste Anklage gegen Gott habe sein Sohn Jesus Christus am Kreuz erhoben: „Mein Gott, mein Gott! Warum hast du mich verlassen?“ Jesus habe diese Anklage aus den Psalmen aufgenommen und „tat dies stellvertretend auch für mich und Millionen andere Menschen“. Aus Liebe zu den schwachen und oft nicht glaubensstarken Menschen lasse Gott sich die Anklagen gefallen. Er sei nicht in seiner Ehre verletzt, ziehe sich nicht beleidigt und enttäuscht zurück, obwohl er allen Grund dazu hätte. Affeld abschließend: „In Gottes Liebe und Verständnis k0mmen meine Anklagen zur Ruhe, und ich finde zu neuem, echtem Frieden mit Gott und der Welt. Das kann jeder ausprobieren.“

Evangelist: Dankbar sein statt anklagen

Eine andere Meinung vertritt Pfarrer Wolfgang Putschky (Aglasterhausen bei Karlsruhe), Evangelist bei der Deutschen Zeltmission. Zwar dürfe man bei Gott sein Herz über alles ausschütten. Aber der Grat zwischen Klagen und Anklagen sei sehr schmal. Putschky: „Das Anklagen zerfrisst unser Herz und beschädigt unseren Glauben.“ Der Theologe verweist auf Aussagen des Apostels Paulus, der an die Gemeinde in Thessalonich schrieb: „Seid dankbar in allen Dingen, denn das ist Gottes Wille in Christus Jesus für euch!“ Der Dank spiele in der Bibel eine wichtige Rolle. Undank stehe zwischen Mord und Ehebruch: „So schlimm ist Undank in den Augen Gottes.“ Der Evangelist erinnert an Paulus und Silas, die laut der Apostelgeschichte in Philippi blutig geschlagen und ins Gefängnis geworfen wurden. Sie hätten Gott dennoch gelobt. Putschky: „Wenn wir wirklich unser Leben mit Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in die Hände Jesu gelegt haben, dann passiert nichts mehr, was nicht an seinen Augen vorübergegangen wäre. Er hat uns alle und alles in seiner Hand. Dieses Vertrauen befähigt uns zur Dankbarkeit in allen Dingen.“