Quelle: idea.de
Schwäbisch Gmünd (idea) – Immer weniger Menschen bewegt die Frage, ob die Welt durch Evolution oder das Handeln eines Schöpfers entstanden ist. Das beobachtet die evangelikale Studiengemeinschaft „Wort und Wissen“.Selbst unter Christen interessierten sich nur wenige für die heilsgeschichtliche Bedeutung der biblischen Schöpfungsberichte, bedauert der Vorsitzende, der sächsische Mediziner Henrik Ullrich (Riesa). „Wären Adam und Eva keine historischen Personen, gäbe es keinen Sündenfall und dementsprechend auch keine Notwendigkeit, Menschen von der Sünde zu erlösen. Damit fehlte dem christlichen Glauben eine zentrale Dimension“, sagte er gegenüber idea am Rande der Hauptkonferenz, die vom 13. bis 15. Mai in Schwäbisch Gmünd stattfand. Aufgabe der Studiengemeinschaft sei es nicht, Gott als Schöpfer zu beweisen, sondern Christen einzuladen, Gott als Schöpfer zu bezeugen. Dafür gäben Biologie, Geologie und Physik zahlreiche Anhaltspunkte. Ullrich: „Wir verteidigen den christlichen Schöpfungsglauben gegen die Behauptung atheistischer Wissenschaftler, dass es bewiesen sei, die Welt und das Leben wären ohne Gott entstanden.“ Dieses Bemühen werde von den Kirchen kaum anerkannt. Eine EKD-Handreichung rate von einer historischen Auslegung der Schöpfungsberichte ab, und offizielle Verantwortungsträger bezeichneten Schöpfungswissenschaftler häufig als Fundamentalisten.
Unbequeme Erkenntnis nicht totschweigen
Kritik verdienen laut Ullrich eher Wissenschaftler, die unbequeme Erkenntnisse totschweigen. Beispielsweise habe man bis Anfang des 20. Jahrhunderts zahlreiche menschliche Steinwerkzeuge in Gesteinsschichten gefunden, die nach gängiger Zeitbestimmung deutlich älter als fünf Millionen Jahre seien. Menschen gebe es – nach den heute anerkannten Theorien – aber erst seit zwei Millionen Jahren. Die Forscher wichen damals wie heute den nahe liegenden Fragen aus, ob die Vorstellungen zur Evolution des Menschen oder die Methoden der Zeitberechnung bzw. der Datierung von Gesteinen stimmten. Die Funde lagerten in Archiven europäischer Museen, wo sie vergessen wurden, so Ullrich. Der Mediziner und ehrenamtliche Mitarbeiter von „Wort und Wissen“ Michael Brandt habe in jahrelanger Detailarbeit diese unbekannten Schätze aufgespürt und geprüft. Mit seinem Buch „Vergessene Archäologie“ hole er diese ans Tageslicht zurück, um die Diskussion über die Entstehung der Menschheit neu anzufachen.
Ein neues Evolutionsmodell, aber kein schlüssiges Gesamtkonzept
Für den Geschäftsführer der Studiengemeinschaft, den Biologen und Theologen Reinhard Junker (Baiersbronn/Schwarzwald), sind die Anfragen an die Evolutionstheorie „nicht unbegründet“. Die auf Charles Darwin (1809-1882) zurückgehende Vorstellung, dass die Tierarten einen gemeinsamen Urahn haben und sich die Vielfalt durch einfache genetische Veränderungen und Selektion herausbildete, sei in den letzten Jahren deutlich in Frage gestellt worden. Das „Evo-Devo“-Modell (Abkürzung des englischen Begriffs Evolutionary Developmental Biology – Evolutionäre Entwicklungsbiologie) gehe davon aus, dass bereits der Urahn genetisch sehr komplex gewesen sei. Er habe aus einem „Baukasten“ von Tausenden Genen bestanden, die im Laufe der Evolution unterschiedliche Aufgaben übernommen hätten. Dies könne erklären, warum Insekten und höhere Lebewesen häufig dieselben Steuerungsgene haben. In diesem Modell würden die evolutionären Veränderungen oft so dargestellt, als gebe es eine zielgerichtete Auswahl von Genen und deren Neuprogrammierung. Doch dies sei in einem reinen Naturprozess gar nicht möglich. Somit ergebe auch diese Theorie kein schlüssiges Gesamtkonzept für die Entstehung der Arten. Die Studiengemeinschaft beschäftigt fünf hauptamtliche Mitarbeiter. Die Arbeit geschieht in Fachgruppen für Biologie, Physik, Kosmologie, Geowissenschaften, Archäologie und Wirtschaft sowie durch Publikationen. Der Freundeskreis besteht aus rund 9.500 Personen.