Quelle: jungefreiheit.de
BRANDENBURG. Mit Empörung haben SED-Opfer auf die bekanntgewordene Zusammenarbeit des SPD-Oberbürgermeisterkandidaten für Brandenburg, Norbert Langerwisch, mit dem Ministerium für Staatssicherheit der DDR reagiert. Die Vereinigung der Opfer des Stalinismus forderte die brandenburgischen SPD auf, Konsequenzen zu ziehen.Bundesvorsitzende Ronald Lässig sagte gegenüber der Berliner Morgenpost: „Als SPD-Mitglied bin ich schockiert, einerseits über die Vergangenheit des Herrn Langerwisch, andererseits über die Reaktion der Brandenburger SPD-Führung auf den Fall.“ Leute, denen die moralische Integrität fehle, weil sie in der DDR andere verraten hätten, dürfe man nicht für höchste Wahlämter nominieren.
Kollegen als Alkoholiker denunziert
Die Stasi-Unterlagenbehörde hat eine 51 Seiten umfassende Akte über Langerwisch freigegeben, die laut Zeitungsinformationen den SPD-Kandidaten schwer belasten soll. Demnach habe der damalige Volkspolizist mehrfach Informationen an die Stasi übermittelt. Unter anderem solle er einen Polizeikollegen wegen dessen Alkoholkonsums denunziert und über Familienangehörige mit West-Kontakten berichtet haben.
Langerwisch verteidigte sich gegen die Vorwürfe. Er habe nur in seiner Eigenschaft ranghoher Volkspolizist beruflichen Kontakt zur Stasi gehabt. „Es war meine Arbeit, es gab nichts, was man geheim halten konnte. Über den privaten Bereich habe ich nichts berichtet“, sagte der SPD-Politiker den Potsdamer Neuesten Nachrichten. „Ich bin nicht nach einer inoffiziellen Zusammenarbeit gefragt worden.“
„Eine feste Klassenposition“
Allerdings ist ein Anwerbeversuch der Stasi vom August 1989 dokumentiert, indem die Stasi „eine feste Klassenposition“ und eine „bejahende Position zum MfS in der Kontaktphase“ feststellte. Der IM-Kandidate mit dem Deckname „Zentrum“ „stehe einer inoffiziellen Zusammenarbeit aufgeschlossen“ gegenüber, heißt es in dem Bericht. „Wir können uns voll auf seine politische Haltung verlassen.“
Gewissermaßen als Vorableistung habe Langerwisch Informationen preisgegeben. Zu einer Verpflichtung sei es laut den Potsdamer Neuesten Nachrichten nur darum nicht gekommen, weil der spätere SPD-Politiker von der Potsdamer Bezirksleitung der Volkspolizei wechselte. (FA)