28. Januar 2022

ÄGYPTEN: Was sagt die Bibel zum Volksaufstand?

Quelle: idea.de

Kairo (idea) – Was hat die Bibel zu den Unruhen in Ägypten und anderen Ländern Nordafrikas und des Nahen Ostens zu sagen? Lässt sich das aktuelle Geschehen mit Prophezeiungen im Blick auf die Zukunft Israels einordnen?

Während ein US-amerikanischer Theologe solche Verbindungen sieht, warnen deutsche Evangelikale vor Spekulationen.

Kenneth Boa, Präsident des Missionswerks „Reflections“ (Überlegungen) in Atlanta (US-Bundesstaat Georgia), lehnt zwar auch eine „Zeitungs-Exegese“ biblischer Texte ab, ist aber gleichwohl überzeugt, dass die aktuellen Geschehnisse auf eine Entwicklung im Nahen Osten hinauslaufen können, die in der Bibel vorhergesagt sind. Grundsätzlich spiele die Beziehung zwischen Ägypten und Israel eine große Rolle in der Heiligen Schrift, sagte er in einem Interview mit der Zeitung „Christian Post“ (Washington). So sei Abraham nach Ägypten gezogen, Josef dorthin verschleppt worden, und Mose sei am Nil geboren. Das Volk Gottes habe dort 400 Jahre gelebt, bevor es in das gelobte Land ausgezogen sei. Jesus habe sich als Flüchtlingskind mit Maria und Josef in Ägypten aufgehalten, und der Evangelist Matthäus zitiere im Blick auf Jesus den alttestamentlichen Propheten Hosea: „Aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen“ (Matthäus 2,15).

Muslim-Bruderschaften wollen Israel zerstören

Boa, der sich Ende Januar in Ägypten aufhielt, räumt ein, dass es noch keine Klarheit über den Ausgang des Volksaufstands geben könne. Ungewiss sei zum Beispiel die Rolle, die die radikal-islamischen Muslim-Bruderschaften im künftigen Machtgefüge spielen. Eines aber sei sicher: Es sei ihr erklärter Wunsch, Israel zu zerstören. Eine Radikalisierung des Nahen Ostens könnte endzeitliche Geschehnisse heraufziehen lassen, wie sie beispielsweise im 38. Kapitel des alttestamentlichen Buchs des Propheten Hesekiel beschrieben würden. Da werde vorhergesagt, dass Mächte aus allen Himmelsrichtungen militärisch gegen Israel vorgehen. Schließlich werde dem Propheten Daniel (9,27) zufolge ein falscher Messias einen Friedensvertrag mit Israel für die Dauer von sieben Jahren schließen; dieser werde jedoch nach der Hälfte der Zeit gebrochen. Es werde eine Zeit der Illusion von Frieden und Sicherheit sein. Schließlich werde es mit der Wiederkunft des wahren Messias eine endgültige Sammlung des Volkes Gottes geben. Bis zu diesem unbestimmten Zeitpunkt könne man Zeichen und Muster erkennen, die auf diese Entwicklung hindeuten.

Prophezeiungen nicht auf Tagespolitik beziehen

Zur Vorsicht vor Spekulationen mahnen mehrere deutsche Theologen, darunter etwa der Leiter des Instituts für Israelogie in Gießen, Berthold Schwarz. Der Dozent an der Freien Theologischen Hochschule Gießen sagte auf Anfrage von idea, die alttestamentlichen Vorhersagen ließen sich nicht auf die aktuelle Situation beziehen. Schwarz: „Wir können die Prophezeiungen nicht eins zu eins auf die Tagespolitik beziehen. Da wäre der Wunsch der Vater des Gedankens. Dies ist zu spekulativ und unkritisch gedacht, weil die Heilgeschichte Gottes mit Israel dies so noch nicht deuten lässt.“