Quelle: idea.de
Bonn (idea) – In die Debatte um die Deutung des Kreuzestodes Jesu hat sich der Sprecher des Konvents der rheinischen Theologiestudierenden eingeschaltet. Der 21-jährige Steve Henkel (Bonn) – Jugenddelegierter der rheinischen und EKD-Synode – wendet sich gegen eine einseitige Auslegung der biblischen Berichte über Jesu Tod am Kreuz und seine Auferstehung.
Anlass sind Äußerungen des früheren Bonner Superintendenten Burkhard Müller und des Fernsehpfarrers Jürgen Fliege (Tutzing) in der Juli-Ausgabe des Monatsmagazins „Chrismon plus rheinland“. Müller (71) bekräftigt darin seine Ablehnung der Sühneopfertheologie. Er glaube nicht, dass Gott seinen Sohn Jesus stellvertretend für Sünder am Kreuz habe sterben lassen. Müller: „Jesus musste nicht wegen der Sünden der Menschen sterben, sondern weil andere es als Gotteslästerung betrachteten, dass er Sünden vergab.“ Fliege (63) schreibt: „Der lebendige Christus ist für mich wichtiger als der an das Kreuz genagelte. (…) Und der nimmt auch nicht alle meine Sünden. Die will ich behalten. Die Sünden sind der Misthaufen meines Lebens, daraus wächst etwas.“ Henkel erwidert, mit Sünde sei nicht unbedingt eine bestimmte Tat gemeint, sondern die Abwendung von Gott. Insofern könne man kaum von einem „fruchtbaren Misthaufen“ sprechen.
Sündenkeule und Kuschel-Jesus
Das Problem in der Kirche sei nicht, dass man von Sünde rede, sondern wie davon gesprochen werde. Henkel: „Zu lange und noch heute wird Sünde als moralische Kategorie dargestellt, die sie nicht ist.“ Während früher oft nur über Sünde gesprochen worden sei, sei er in einer Kirche aufgewachsen, „in der es nur einen ,lieben’ Gott – Jesus, mein Freud mit dem flauschigen Bart – gibt (…).“ Henkel sprach sich sowohl gegen das ständige Schwingen der moralischen Sündenkeule als auch gegen einen „Kuschel-Jesus im Batikrock“ aus. Zudem wandte er sich gegen Müllers Meinung, das Kreuz und Jesu Opfer seien heute nicht mehr zu vermitteln. Der Theologiestudent verwies auf Veröffentlichungen wie die Romane „Harry Potter“ von Joanne Kathleen Rowling und „Die Chroniken von Narnia“ von Clive Staples Lewis (1898-1963). Bei beiden spiele das selbstlose Opfer eine Rolle. Henkel: „Wer sagt, die moderne Welt verstünde unsere Opfertheologie nicht, der kann sie sich vielleicht auf jedem Schulhof besser erklären lassen als von manchem Kirchenbesucher.“ Es gehe darum, das richtige Maß zu finden zwischen der Rede von Kreuzestod und Sünde sowie von Befreiung und Auferstehung. Henkel: „Das eine geht nicht ohne das andere.“