29. Mai 2022

Bekommen Kirchen zu viel Geld vom Staat?

Quelle: idea.de

Hamburg/Kiel/Hannover (idea) – Erhalten die Kirchen zu viel Geld vom Staat? Über solche vertraglich geregelten Finanzleistungen ist eine Debatte entbrannt, nachdem vor allem einige FDP-Landespolitiker für Kürzungen plädieren.
 

Von den Ländern erhalten nach Angaben des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ (Hamburg) die Kirchen in diesem Jahr etwa 460 Millionen Euro an sogenannten Dotationen. Diese durch Staatskirchenverträge geregelten Zuwendungen basieren auf Entschädigungen für Enteignungen Anfang des 19. Jahrhunderts. Die Verträge können nicht einseitig gekündigt werden. Die Kirchen betonen, dass es sich nicht um Privilegien handele. Die Kirchen erbrächten dafür Leistungen für die Gesellschaft, etwa im Denkmalschutz oder bei Kindergärten. Die wichtigste Einnahmequelle der Kirchen ist die Kirchensteuer, die sich an der Lohn- bzw. Einkommenssteuer der Kirchenmitglieder bemisst. 2009 waren es in den evangelischen Kirchen rund 4,4 Milliarden Euro. Das macht etwa 40 Prozent der Gesamteinnahmen aus. Für den Einzug durch die Finanzämter zahlen die Kirchen kostendeckende Gebühren. Die Staatsleistungen betragen im Bereich der EKD etwa 230 Millionen Euro, etwa 2,3 Prozent der Gesamteinnahmen.

Schleswig-Holstein will kürzen

Die Debatte ins Rollen gebracht hat der Vorsitzende der FDP-Fraktion im schleswig-holsteinischen Landtag, Wolfgang Kubicki. Im Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ (Hamburg) kündigte er Kürzungen von zehn bis 15 Prozent an. Das hoch verschuldete Land Schleswig-Holstein zahlt jährlich etwa elf Millionen Euro an die Nordelbische Evangelisch-Lutherische Kirche und rund 200.000 Euro an die katholische Kirche. Allein für denkmalgeschützte Gebäude wende die Nordelbische Kirche jährlich 13 Millionen Euro auf, erklärte der stellvertretende Pressesprecher der Nordelbischen Kirche, Thomas Kärst (Hamburg).

Verhandlungen mit den Kirchen?

Vom Land Niedersachsen erhalten die dortigen fünf evangelischen Kirchen rund 31,3 Millionen Euro. Dies sei im Loccumer Vertrag von 1955 klar geregelt, so der Ratsvorsitzende der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachen, der braunschweigische Landesbischof Friedrich Weber (Wolfenbüttel). Er zeigte sich überrascht, dass er erst aus der Presse von den Kürzungsplänen erfahren habe. Der niedersächsische FDP-Fraktionschef Christian Dürr kündigte Verhandlungen mit den Kirchen an. Angesichts von Kürzungen bei den Bezügen von Beamten sei es nicht einsichtig, dass die Kirchen trotz sinkender Mitgliederzahlen jedes Jahr mehr Geld vom Staat erhielten. Die kirchenpolitischen Sprecher von SPD und Grünen im Bundestag, Siegmund Ehrmann und Josef Winkler, äußerten sich kritisch zu den geplanten Kürzungen. Winkler lehnte Versuche ab, die Stellung der Kirchen in der Gesellschaft zu untergraben.