2. Dezember 2021

Antisemitismus unter Arabern ist ein „Export aus Europa“

Quelle: idea.de

Die Historikerin und Islamwissenschafterin Carmen Matussek. Foto: PR

Reichenbach (idea) – Der Antisemitismus in der arabischen Welt geht nicht allein auf das angespannte Verhältnis zwischen Israelis und Palästinensern im Nahen Osten zurück. Vielmehr handelt es sich um einen „Export aus Europa“, der jetzt Früchte trage.
 

Das sagte die Historikerin und Islamwissenschafterin Carmen Matussek (Tübingen) bei der 14. Sächsischen Israelkonferenz am 1. Mai in Reichenbach (Vogtland). Besonders die Nationalsozialisten hätten ihre Ideologie durch gezielte Propaganda schon beizeiten in die arabische Welt exportiert. So habe die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) bereits 1926 eine Außenorganisation in Ägypten eingerichtet, erklärte Matussek vor den rund 650 Besuchern der Veranstaltung. Seit 1939 sei die gesamte NS-Propaganda ins Arabische übersetzt und über Radio Zeesen (bei Berlin) gesendet worden. Im gleichen Jahr habe es in Ägypten bereits die ersten Bombenanschläge auf jüdische Häuser gegeben. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges hätten zahlreiche hochrangige NS-Vertreter in Schlüsselpositionen der ägyptischen Propagandamaschinerie Karriere gemacht. Das wirke bis heute nach. In der arabischen Welt gebe es so gut wie kein Faktenwissen über Israel und das jüdische Volk, sagte die Wissenschaftlerin, die im Rahmen einer Studienarbeit in mehreren arabischen Ländern Bücher und Medienveröffentlichungen auf Antisemitismus hin untersucht hat. Nicht einmal in den Lehrplänen der meisten Schulen käme der Holocaust vor. Christen rief Matussek auf, nicht nur den Kontakt zu Juden zu suchen, sondern auch auf in Europa lebende Araber zuzugehen und ihnen Faktenwissen über Israel und die Situation des jüdischen Volkes zu vermitteln. Auch das sei eine Form von Nächstenliebe.

Symbol im Judentum

Viele Juden haben genug davon, das auserwählte Volk Gottes zu sein

Wie der messianische Jude Daniel Yahav (Tiberias) in seiner Bibelarbeit sagte, hätten viele Juden genug davon, das auserwählte Volk Gottes zu sein. Die ständige Drohung durch den iranischen Staatspräsidenten Mahmud Ahmadinedschad, Israel von der Weltkarte auslöschen zu wollen, sei für viele Israelis eine starke Belastung. „Viele wären lieber ein Volk wie jedes

Etwa 650 Besucher zur 14. Sächsischen Israelkonferenz in Reichenbach

andere, wenn sie dafür in Ruhe gelassen würden“, so Yahav. Er übte aber auch Selbstkritik. Auch die Juden hätten sich zu einem großen Teil dem Materialismus zugewandt und lebten egoistisch, sagte er. So steige etwa die Zahl der Abtreibungen in Israel Jahr für Jahr. Derzeit liege sie offiziellen Angaben zufolge bei rund 40.000; die Dunkelziffer sei aber weit größer, so Yahav. Der Verein „Sächsische Israelfreunde“ wurde 1998 gegründet. Vorsitzender der Initiative ist Lothar Klein (Dresden).