18. Mai 2022

Warum ein Philosoph an die Auferstehung glaubt

Quelle: idea.de

Der Philosoph Robert Spaemann: Das Nachdenken hat mich in meinem Glauben bestärkt. Foto: PR

Stuttgart (idea) – Keinen Widerspruch zur Vernunft sieht der Philosoph Robert Spaemann (Stuttgart) im Glauben an die leibliche Auferstehung Jesu Christi. „Ich wäre eher bedroht, den Verstand zu verlieren, wenn ich keine Auferstehungshoffnung hätte“, sagte der 82-Jährige katholische Gelehrte in einem Interview mit der Evangelischen Nachrichtenagentur idea aus Anlass des Osterfestes.
 

Dabei wird der Auferstehung Jesu gedacht. Wie Spaemann im Blick auf die neutestamentlichen Berichte sagte, hätten die Apostel den Auferstandenen gesehen, mit ihm gesprochen und davon ein zuverlässiges Zeugnis gegeben. Spaemann: „Warum sollten die Apostel lügen?“ Zum Einwand, dass die Mehrheit der deutschsprachigen Theologen die biblischen Berichte von der Auferstehung nicht für historische Ereignisse halten, sagte er: „Die Jünger von Jesus waren keine Philosophen, sondern Fischer aus Galiläa. Sie haben nicht spekuliert, für sie zählten nur Fakten. Das leere Grab war für sie ebenso ein Beleg für die Auferstehung wie die späteren Erscheinungen des Herrn.“ Der Philosoph bezeichnet die Kluft zwischen historisch-kritischer Forschung in der Theologie und der Verkündigung als einen „unerträglichen Zustand“. Papst Benedikt XVI. habe dies in seinem Buch „Jesus“ auch kritisiert. Spaemann zufolge ist vieles, was Theologen als sichere Erkenntnis ausgäben, nicht Ergebnis unbefangener Forschung: „Oft geht man von Prämissen aus, die von vornherein im Gegensatz zur biblischen Lehre stehen.“ So habe der historisch-kritische Forscher Ernst Troeltsch (1865-1923) die Existenz übernatürlicher Ereignisse kategorisch ausgeschlossen.

Sühnetod Jesu ist Kern der biblischen Botschaft

Zur Frage, ob Jesus einen Sühnetod gestorben ist, sagte Spaemann: „Es gibt viele Pfarrer, die das heute bestreiten. Sie stellen sich damit aber gegen den Kern der biblischen Botschaft.“ Der Sühnetod Jesu löse das Dilemma zwischen Gottes Gerechtigkeit und Gottes Liebe. Christus erfülle mit seinem Kreuzestod beides: „Der Gerechtigkeit wird Genüge getan, indem Gott das Unrecht dieser Welt nicht ungesühnt lässt. Zugleich übt Jesus Christus gegenüber uns Menschen Barmherzigkeit, indem er selbst diese Strafe auf sich nimmt.“ Für den Menschen seien Gerechtigkeit und Barmherzigkeit zwei verschiedene Eigenschaften, in Gott aber seien sie vereint. Über seinen persönlichen Glauben sagte der Philosoph: „Ich glaube ungefähr dasselbe, was ich als Kind geglaubt habe – nur dass ich inzwischen mehr darüber nachgedacht habe. Das Nachdenken hat mich am Ende im Glauben immer bestärkt.“