29. Januar 2022

Halloween: Totengeister und Kürbisse

Quelle: agwelt.de

(AG WELT) Im Oktober ist Hochsaison für Hexen, Gespenster, Geister und alle, die sich gerne Gruseln, denn am 31. Oktober ist Halloween. Fast jedes Kind weiß, dass Halloween etwas mit Gespenstern, Hexen und Verkleiden zu tun hat, aber kaum jemand hat eine Ahnung, was es mit dem Fest Halloween nun wirklich auf sich hat.

Kerzenschein leuchtet geisterhaft durch die grinsenden Münder ausgehöhlter Kürbisse. Irgendwie passt Halloween in eine Zeit, die begeistert ist von Feen, Zauberer und Elfen. Geister und Spuk faszinieren Gläubige und weniger gläubige. Im Lexikon ist zu Halloween folgendes zu lesen: „Die englische Bezeichnung für den Festtag Allerheiligen, das Hexenfest; speziell die Nacht vor Allerheiligen.“

Der katholische Feiertag Allerheiligen (1.November) wird in englischsprachigen Ländern All Hallows Day genannt. Der Vorabend des Festes heißt dann All Hallows Evening (= Halloween). Zu Allerheiligen erinnert die katholische Kirche an Christen vergangener Jahrhunderte, die für ihren Glauben starben. Heute gilt er auch als Gedenktag für alle Heiligen.

Wer heute Halloween feiert, erinnert sich zumeist nicht an vorbildliche Christen vergangener Zeiten, sondern freut sich an möglichst gruseligen Kostümen und Dekorationen. Der Brauch, ausgehölte Kürbisse mit Gesichtern zu versehen und innen mit einer Kerze zu erleuchten oder sich mit erschreckender Maske und Kostüm zu verkleiden, erinnert allerdings mehr an vorchristliche Bräuche der Kelten und Angelsachsen, als an christliche Feiertage. Für sie begann das neue Jahr mit einem Fest zu Ehren des Totengottes Samhain, der nach dem Sonnengott Belenus im Winter die Herrschaft übernahm. Es wurde noch einmal der warmen Jahreszeit gedacht und den Göttern für die reiche Ernte gedankt.

Nach keltischer Vorstellung wurde zu diesem Zeitpunkt den Seelen der im Vorjahr Verstorbenen erlaubt, in ihre ehemaligen Wohnungen zurückzukehren. Unter die Verstorbenen konnten sich auch andere Hexen, Dämonen und Feen mischen. Den Lebenden war das unheimlich, schließlich konnten sie auch nie sicher sein, ob die Geister der Ahnen mit dem gegenwärtigen Zustand einverstanden waren. Da man befürchtete, dass sie beleidigt oder neidisch werden konnten, musste man mit negativen Übergriffen aus dem Jenseits rechnen. Durch große Feuer und erschreckende Masken wollte man die umherschweifenden Geister, Kobolde und Dämonen vertreiben oder sie mit Opfergaben besänftigen. Vielleicht wollten die alten Iren durch ihre Masken auch einfach verhindern, dass die Toten und Geister sie als lebende Menschen erkannten und belästigten. Die schaurigen Masken und Verkleidungen ließen die Toten günstigenfalls annehmen vor Ihresgleichen zu stehen.

Die Kelten glaubten, dass am Vorabend des Samhain- Festes die Geister der Toten in die Häuser kamen und sich an die Feuerstellen setzten. Um sie zu ehren stellte man ihnen Nahrung hin. Um bei ihnen einen guten Eindruck zu erwecken musste das ganze Haus geputzt und geschmückt werden. Manche Elemente des keltischen Totenfestes wurden vermutlich im katholischen Brauchtum übernommen und auf das Gedenken an die verstorbenen Christen vergangener Jahre übernommen.

So ganz sicher sind sich die Experten über den keltischen Hintergrund von Halloween allerdings auch nicht:

1. Historiker bezweifeln jedoch zwischenzeitlich die Existenz eines Totengottes namens Samhain. Cäsar erwähnt zwar einen keltischen Totengott, aber nicht seinen Namen. wegen der Herkunft des Wortes Samhain könnte allerdings auch eine Feier des Sommerendes bezeichnen (keltisch samos, gälisch samhuinn für „Sommer“). Das Sommerhalbjahr wurde vom 1.Mai bis zum 1.November gerechnet.

2. Samhain, am Beginn der dunklen Jahreszeit, wurde wahrscheinlich mit der Anderwelt (Tir Nan Og, Fairyland) in Verbindung gebracht. Große Feuer wurden entzündet, nicht nur um es angenehm warm zu haben, sondern auch um sich die unheimliche Welt des Jenseits vom Leib zu halten. Zahlreiche Losbräuche sollten den Menschen damals Auskunft über Glück und Unglück im kommenden Jahr geben.

3. Verschiedentlich wird Samhain auch als keltisches Neujahrsfest interpretiert. Auch wenn Reste keltischen Brauchtums in Halloween wahrscheinlich sind, lassen sich eindeutige Verbindungen zu heutigen Verhaltensweisen nur unzureichend nachweisen. Das liegt zum großen Teil an den weitgehend fragmentarischen Kenntnissen des keltischen Glaubens.

4. Einige Forscher halten Samhain für eine Ableitung von samhuil (Versammlung). Damit soll die Versammlung gemeint sein, die am Ende des Sommers über Steuern und Landpacht entschied.

5. In dem von antiken Dichtern erwähnten Lemuria Fest sehen einige den Vorläufer des katholischen Allerheiligen und damit einen Verwandten von Halloween. Die Römer erinnerten sich am 13.Mai an die Geister Verstorbenen. Ihnen wurden Opfer gebracht und der der Familienvorstand mußte magische Rituale vollziehen, damit die Ahnengeister die Lebenden in Ruhe ließen. Im 4.Jahrhundert etablierte die Kirche an diesem Termin ihr Erinnerungsfest an ihre Märtyrer und Heiligen (Allerheiligen). Später wurde der Tag auf den 1.November verlegt. Nur im keltisch geprägten Irland blieb Allerheiligen noch bis ins 9.Jahrundert auf dem 13.Mai.

6. Es könnte aber auch genau umgekehrt gewesen sein: Der Bezug von Halloween zum Totenreich wäre demnach durch die darauffolgenden katholischen Feiertagen entstanden. So wird an Allerheiligen traditionell der Gemeinschaft der Heiligen gedacht, das heißt all derer, die das ewige Leben erlangt haben, und an Allerseelen (2. November) sollte durch Gebete und Fürbitten sowie durch gute Taten (zum Beispiel Geschenke an bettelnde Kinder) das Leiden der Toten im Fegefeuer gelindert werden.

7. Neu-Kelten favorisieren eine Mischung aus den verschiedenen Interpretationen: „In der Nacht vom 31. Oktober auf den 1. November verabschiedeten sich die Druiden vom Sommer – der Jahreszeit der Göttin – und feierten die Herrschaft des Todesfürsten Samhain, der während des Winters regiert. Im keltischen Kalender symbolisiert dieser Tag den Jahreswechsel.“ Manche esoterisch orientierten Anhänger der alten Kelten fürchten die Totengeister nicht, sondern suchen geradezu ihre Nähe. Insbesondere der Kontakt zu verstorbenen Verwandten wird organisiert. Um diese Verbindung herstellen zu können, werden den Toten allerlei Leckereien angeboten, damit ihnen die zeitweilige Rückkehr in die Welt der Lebenden leichter fällt.

Lange Zeit war Halloween ein regional auf Irland begrenzter Brauch als Vorbereitung auf Allerheiligen. Erst in der Mitte des 19.Jahrhunderts entsannen sich Dichter und Denker der möglicherweise keltischen Wurzeln von Halloween, beeinflusst von Romantik und Nationalismus. Größeres Interesse an Halloween entbrannte erst zu Beginn des 20.Jahrhunderts, als sich immer mehr Menschen für irisches Brauchtum und keltische Sagen zu interessieren begannen.
Der Brauch wurde von den ausgewanderten Iren ab 1830 in die USA gebracht. Im Laufe der Zeit entwickelte sich Halloween neben Weihnachten und dem Thanksgiving-Fest zu einer der wichtigsten Feiern in den USA.
Aus Nordamerika kam Halloween nach Europa, wo es eher fröhlichen und weniger schaurig begangen wird. In den USA werden Schulklassenzimmer mit Hexenmotiven oder Rathausvorplätze mit Jack O’Lanterns geschmückt, in Europa wird eher im Geschäft oder in privaten Räumen dekoriert. Auch die Aufforderung „Süßes oder Saures“ (englisch: trick or treat), also Süßigkeiten zu bekommen oder andernfalls einen Streich zu spielen, ist in Europa nicht so weit verbreitet wie in Nordamerika, wo fast alle Kinder in schaurigen Kostümen von Tür zu Tür gehen um Süßigkeiten einzufordern.
Halloween im amerikanischen Sinne wird im deutschsprachigen Raum erst seit den 1990ern gefeiert, gilt inzwischen aber als recht verbreitet.

Eines der bekanntesten Halloween-Symbole dürfte der Kürbis sein: die Jack-O’-Lantern. Der Brauch, ausgehölte Kürbisse aufzustellen geht auf eine alte irische Sage zurück. Man erzählt sich die Geschichte des Jack O. der zu seinen Lebzeiten nur böses tat und ein Trinker und Betrüger war. Er soll den Teufel durch eine List auf einen Baum gelockt und in den Stamm ein Kreuz geritzt haben. Der Teufel war somit gefangen und konnte nicht herunter. Jack versprach ihm ihn herunter zu lassen, wenn er ihn nie wieder verführen würde. Nach Jacks Tod kam er aufgrund seiner Taten nicht in den Himmel, doch auch in die Hölle durfte Jack nicht, da er ja den Teufel betrogen hatte. Schließlich schenkte der Teufel schenkte ihm eine Rübe und eine glühende Kohle, damit Jack damit durch das Dunkel wandern könne. Beneidet wurde Jack definitiv nicht, aber gebliben aus der Geschichte ist der Gedanke, daß man mit dieser Rübe die Geister abschrecken kann.
Da in den USA Kürbisse in großen Mengen zur Verfügung standen, höhlte man in Erinnerung an Jack O statt der Rübe einen Kürbis aus. Dieser Kürbis war seither als Jack O´Lantern bekannt. Um böse Geister abzuschrecken, schnitt man Fratzen in Kürbisse, die vor dem Haus den Hof beleuchteten.
Zu Halloween sind vor allem bei Kindern Verkleidungen äußerst beliebt. Populäre Kostüme sind Feen, Fledermäuse, Geister, Hexen, Kürbisse, Skelette, Zombies, Tote, Vampire und Ähnliches. Hexen, die auf ihrem Besen reiten mit ihren Vertauten auf der Schulter, Raben, Dämonen und Teufelsgestalten, Eulen, Spinnen und Fledermäuse, Gnome und Zwerge und nicht zuletzt das Skelett. All diese Figuren sollten ursprünglich die bösen Geister abschrecken. Typische Halloweenfarben sind schwarz, orange, grau, weiß, gelb und rot.
Die Idee an Haustüren um Süßigkeiten zu bitten stammt wohl aus christlichem Brauchtum: im 9.Jahrhundert n. Chr. wanderten frühe Christen am 2. November, dem Seelenfest, von Dorf zu Dorf und erbettelten sogenannte Seelenkuchen. Als Ausgleich für diese Gabe versprachen sie entsprechend intensiv für die Spender zu beten. Die Gebete galten als Unterstützung des Weges der Toten in den Himmel.

Doch nicht alle sind begeistert über das neu importierte Halloween:

1. Die zunehmende Halloween- Konjunktur hat stellenweise das traditionelle Martinssingen (10./11. November) verdrängt. Statt in Liedern an Martin Luther oder an Martin von Tours zu erinnern wird dann „Süßes oder Saures“ verlangt.

2. Evangelische Christen sind nicht gerade froh, dass Halloween den Reformationstag (31.Oktober) für viele Menschen in den Hintergrund drängt. Dabei sollte gerade jetzt an die epochemachende Erneuerungsbewegung Luthers erinnert werden. Hier ging es einmal um echte geistliche und kulturelle Werte.

3. Manche beklagen eine vermehrte Kommerzialisierung und Auswüchse, die zu zahlreichen Einsätzen der Polizei an Halloween führen. Letztlich geht es vielen doch wieder nur um geschäftliche Umsätze und einen weiteren Anlass sich betrinken zu dürfen.

4. Auch mit katholischen Christen gibt es Konflikte wegen des Charakters des folgenden Allerheiligentags. An einem solchen Stillen Feiertag sind Tanzveranstaltungen und laute Feiern eigentlich verboten, und das Verbot gilt ab Mitternacht, zu Halloween.

5. Auch wenn sich heute vor allem esoterisch und keltisch orientierte Menschen an den vielleicht fremdreligiösen Hintergrund von Halloween erinnern, den meisten Kindern und deren Eltern ist das herzlich egal. Sie wollen ihren Spaß mit Verkleidungen und Lichtern und etwas Gruseln. Kaum einer verehrt zu Halloween alte keltische Gottheiten oder versucht zu diesem Zeitpunkt allenernstes Kontakt zu Vertorbenen aufzunehmen.
Und doch bleibt bei überzeugten Chritsten ein mulmiges Gefühl. Denn immerhin wird mit zu Halloweeen mit Hexen, Zauberen, Teufel und Geistern gespielt. Negative jenseitige Realitäten werden verharmlost. Und das kann durchaus das Denken und Selbstverständtnis von Kindern prägen, die später ohne große Bedenken auf echt problematische, okkulte Praktiken zurückgreifen, weil sie zu Halloween doch als so lustig und harmlos erschienen. Okkultismus und Magie jedoch sind nicht nur Vergnügen, sie können Menschen gefangen nehmen, sie in psychische und seelische Abhängigkeit bringen und von Gott entfernen.

Das theologische Problem von Halloween ist nicht so sehr die Verkleidung und der Gruselspaß, sondern die kontraproduktive Werbung und Verharmlosung von Hexerei, Magie und Okkultismus.

Michael Kotsch
1. Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Weltanschauungsfragen
www.agwelt.de