30. Juni 2022

Dawkins vergleicht Kreationisten mit Holocaustleugnern

Quelle: idea.de

Oxford (idea) – Evolutionskritiker stellt der Oxforder Biologe Prof. Richard Dawkins auf eine Stufe mit Holocaustleugnern. Beide bestritten wissenschaftliche bzw. historische Tatsachen, schreibt er in seinem neuen Buch „The Greatest Show on Earth“ (Die größte Show auf Erden), das am 3. September erscheint.

Auszüge hat die Londoner Zeitung Times vorab veröffentlicht. Der 68-jährige atheistische Bestsellerautor („Der Gotteswahn“) beklagt in seinem neuen Werk den Einfluss der Kreationisten, die für einen biblischen Schöpfungsglauben eintreten und die Evolutionstheorie ablehnen. Mehr als 40 Prozent der US-Amerikaner glaubten nicht, dass der Mensch von Tieren abstamme, so Dawkins, und der Anteil sei in Großbritannien nicht viel geringer. Kreationisten glaubten, dass Gott alles Leben in den letzten 10.000 Jahren geschaffen habe und dass es sich nicht in Tausenden Millionen Jahren durch Evolution entwickelt habe. Deshalb bezeichne er diese Menschen als „Geschichtsleugner“. Eine kreationistische Lobby setze Naturwissenschaftler und Biologielehrer unter Druck. Diese müssten ihre Zeit damit vergeuden, die Evolution ständig gegen Angriffe etwa von Eltern und ihren einer Gehirnwäsche unterzogenen Kindern zu verteidigen. Sie würden bedroht und fürchteten bisweilen um ihre Arbeitsplätze.

Führende Kirchenleute akzeptieren Evolution

Dabei hätten führende Kirchenleute die Evolution längst akzeptiert. Weder der Papst noch etwa das geistliche Oberhaupt der Anglikaner, Erzbischof Rowan Williams, hätten ein Problem damit. „Sie glauben vielleicht, dass Gott am Anfang seine Hand im Spiel hatte“, so Dawkins, aber die meisten akzeptierten – wenn auch manchmal widerwillig – die Beweise für die Evolution. Allerdings dürfe man nicht annehmen, dass die Gemeindemitglieder das auch so sähen. Entsprechende Umfragen sprächen eine andere Sprache.

„Antiwissenschaftlicher Unsinn“

Dawkins appelliert an die „aufgeklärten“ Bischöfe und Theologen, sich mehr anzustrengen, um den „antiwissenschaftlichen Unsinn“ zu bekämpfen, den sie selbst beklagten. Viele Theologen, die überzeugt seien, dass es Adam und Eva nie gegeben habe, versäumten es, in ihren Predigten klar herauszustellen, dass ihre Botschaft nur symbolisch gemeint sei. „Wie soll ein Mensch in der Kirchenbank oder auf einem Gebetsteppich aber wissen, welche Teile der Schrift wörtlich und welche symbolisch zu verstehen sind?“ fragt Dawkins. Die Evolution sei eine nicht zu bezweifelnde Tatsache. Deshalb sollten Theologen alles tun, um einem weit verbreiteten Missverständnis entgegenzutreten und damit Naturwissenschaftler und Lehrer unterstützen.

Rat der EKD gegen Kreationismus

In Deutschland hat sich der Rat der EKD gegen den Kreationismus ausgesprochen. Die Überzeugung, dass die Welt genauso entstanden sei, wie es die Bibel berichtet, sei aus theologischen Gründen abzulehnen, heißt es in einer Anfang April erschienenen Orientierungshilfe. Nicht minder kritisch sieht der Rat freilich den Versuch von Atheisten wie Dawkins, mit naturwissenschaftlichen Argumenten dem Glauben an Gott die Grundlage zu entziehen. Die sich mit Schöpfungswissenschaft befassende Studiengemeinschaft „Wort und Wissen“ (Baiersbronn/Schwarzwald) hält die Analyse des EKD-Papiers für unzureichend. Reinhard Junker, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Organisation, sagte, Schöpfungsglaube erwarte ein reales Handeln Gottes in der Welt und nicht nur eine Deutung der Natur. Er mahnte, die Evolutionstheorie wissenschaftlich zu hinterfragen, weil sie sonst zum Dogma werde.