Mit diesen vier Worten beschreibt der WESER KURIER, die Tageszeitung für Bremen und Niedersachsen, auf seiner Titelseite am 23.Mai 2009 den Evangelischen Kirchentag. Darunter ein großflächiges Bild mit der Unterschrift „Auch blaue Luftballons können ein politisches Statement sein: Eine Menschenkette macht auf das Klimaschutzprojekt „Landunter“ aufmerksam.“
Gleich mehrere Seiten widmete die Bremer Tageszeitung dem Kirchentag. In einem Beitrag ist von einer „Mischung aus Politik, Bibelarbeit und Musik“ die Rede, die Zehntausende Besucher zu den Veranstaltungsorten gelockt hätten. Nachdem Kanzleramtsminister Thomas de Maizière seine Bibelarbeit gehalten hatte, wurde er vom WESER KURIER befragt, welche Rolle der Glauben in seinem Leben spiele. Darauf de Maizière:
„Glaube ist für mich sehr wichtig, er ist eine Hilfe bei Entscheidungen, er schützt vor Übermut. Die Politik entscheidet eben nur die vorletzten Dinge, wie Bonhoeffer sagt. Das heißt auch, dass man sich nicht so wichtig nehmen soll. Die Menschen beschließen nicht über Leben und Tod… Was den Tod überhaupt betrifft, ist er für das menschliche Leben endgültig. Aber wer glaubt, glaubt auch an die Auferstehung. Und das ist eine wunderbar tröstliche Nachricht.“
Auf Seite 9 der Bremer Zeitung springt dem Leser ein großer fett gedruckter Schriftzug förmlich ins Gesicht: „Auch die Moschee zieht Massen an – Der Kirchentag sucht den Dialog mit anderen Konfessionen…“ Eine Frau wäre eine Stunde vorher schon beim Freitagsgebet dabei gewesen. Gegenüber der Presse sagt sie:
„Ich hab` kein Wort verstanden, aber das macht nichts, es war auch so unglaublich faszinierend.“
Gemeinsam mit anderen Frauen durften sie im Gebetssaal „nur ganz weit hinten sitzen“. Trotzdem sagt sie:
„Ich bin für den Trialog zwischen Christen, Muslimen und Juden.“
Irritierend ist ein in den Text integriertes einviertelseitiges Foto mit der Bildunterschrift: „Zwei Ordensschwestern gönnen sich eine kleine Pause. Der Kirchentag spannt in Glaubensfragen einen weiten Bogen. Er ist auch in der Moschee zu Besuch oder in der Synagoge“.
Proteste gegen den Kirchentag hat es von der Bremer Atheisten- und Freidenkerunion gegeben. Sie finden es, so die Zeitung, „undiskutabel, dass Steuergelder – Bremen gibt 7,5 Millionen Euro dazu, was etwas mehr als die Hälfte der Gesamtkosten ausmacht – in eine kirchliche Veranstaltung fließen.“ Es wird berichtet, dass sie Gegenveranstaltungen auf die Beine gestellt hätten: „…das Happening an der Weser, als Jesus gegen Satan kämpfen musste, fanden auch die Kirchentagsbesucher lustig…“.
Interessant ist die Einschätzung der weltlichen Journalisten:
„Man muss den Kirchentag nicht gut finden, das sagt der Kirchentag selbst.“
So blättert der Leser weiter über Allerleibeiträge: „Seelsorger luden ins Polizeipräsidium“, „Rettungswagen aus ganz Deutschland“, „Henning Scherf ist Vater des Kirchentags“, „Müllabfuhr morgens um 4 Uhr“, „Familie Witte schläft auf Gefängnisbetten“, u.v.a.m.
Mit einem Mitglied der „Fantastischen Vier“, dem „Hipp-Hopper Thomas D.“, der als Solokünstler beim „Konzert für Gerechtigkeit und gegen Klimawandel“ zum Kirchentag auftrat, führte der WESER KURIER ein Gespräch „über sein Verhältnis zum Glauben…“:
„Ich bin mit einem relativ normalen christlichen Weltbild aufgewachsen, mit einem Bild von Gott, das Kirche und Bibel definieren. Ich habe dann irgendwann andere Glaubenssysteme kennen gelernt. Beispielsweise finde ich den Buddhismus sehr angenehm, weil er im Gegensatz zu anderen Glaubensrichtungen nicht den Anspruch erhebt, allein Recht zu haben… Wir alle sind Gott. Das mag blasphemisch klingen und vielen Christen nicht gefallen. Aber ich denke, wenn es diese Kraft gibt, dann ist sie in uns. Ich glaube, dass diese Kraft in uns allen wohnt.“
Dann fragt der Journalist: „Den Gott, den sich viele Menschen vorstellen, gibt es also gar nicht?“ Antwort:
„Nein, das glaube ich nicht. Ich glaube, wir Menschen sind das Zentrum des Universums… Zu sagen: Ich sündige und tue dann Buße – damit kann ich nichts anfangen…“
Der WESER KURIER hat zum Bremer Protestantenfest bewusst oder unbewusst die passende Schlagzeile gefunden: „Der Kirchentag macht blau“. Es war eben doch nur ein großer „Markt der Möglichkeiten“.