Quelle: idea.de
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Der frühere Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, der Theologe Joachim Gauck (Berlin), hat sich in die Debatte um die historische Bewertung der DDR eingeschaltet.
Politisch gesehen treffe der Begriff „Unrechtsstaat“ zu, weil es in der DDR keine Unabhängigkeit der Justiz und keine Gewaltenteilung gegeben habe, sagte der 69-Jährige in einem Interview mit der „Mitteldeutschen Zeitung“ (Halle/Ausgabe 18. April). „Es gab keine Herrschaft des Rechts, weil eine Instanz wie die herrschende SED in den Bereich des Rechts eingreifen konnte.“ Zudem sei es unmöglich gewesen, staatliches Handeln auf dem Gerichtsweg anzugreifen: „Man hätte dazu Verwaltungsgerichte gebraucht. Aber die gab es ebensowenig wie ein Verfassungsgericht.“ Zum Umgang mit der DDR-Vergangenheit 20 Jahre nach dem Mauerfall sagte Gauck, es falle vielen Menschen schwer, „zwischen einem politischen Urteil und der Bewertung des eigenen Lebens in diesem System zu trennen“. Daher rühre es, dass heute viele Leute positiv zur DDR stünden – „vielleicht mehr als zu Zeiten, da sie noch existierte“. Das habe auch damit zu tun, dass die Deutschen in einer geteilten Erinnerung lebten: „Vier Fünftel der Bundesbürger haben die DDR nicht erlebt, also auch der größte Teil der Teilnehmer an der Debatte um den Unrechtsstaat. Und der kleinere Teil, die ehemaligen DDR-Bürger, will sich nicht gern beurteilen lassen von anderen, die ihre Erfahrung nicht haben.“ Der evangelische Theologe hatte vor der Wende zunächst als Pfarrer in Rostock und von 1982 bis 1990 als Leiter der Kirchentagsarbeit in Mecklenburg gearbeitet. Danach war er zehn Jahre Bundesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen.
Gauck: DDR war politisch ein Unrechtsstaat
18. April 2009 by