21. Januar 2022

Fernsehbeitrag stellt Evangelikale an den Pranger

Quelle: idea.de

3sat-Sendung wirft ihnen „fundamentalistische Weltanschauung“ vor. Screenshot: 3sat

M a i n z (idea) – Einen Beitrag mit scharfer Kritik an der evangelikalen Bewegung hat der öffentlich-rechtliche Sender 3sat (Mainz) am 7. April ausgestrahlt. Die rund eine Million Evangelikalen in Deutschland seien auf dem Vormarsch, hieß es in dem im Magazin „Kulturzeit“ gezeigten Beitrag von Autor Cornelius Janzen über „fundamentalistische Christen in Deutschland“.
 
Für viele Evangelikale sei die Bibel ohne Irrtum: „eine fundamentalistische Weltanschauung“. Sie drohten mit „ewiger Verdammnis“. Heilsversprechen gebe es nur für Bibeltreue. „Wer den Worten der Bibel nicht folgt, der verspielt das ewige Leben“, hieß es. Unter diesem Dogma müssten Homosexuelle oft leiden. Als Beispiel wird Tom Haus aufgeführt, der viele Jahre in der evangelikalen Bewegung in Chemnitz als Liedermacher aktiv gewesen sei. Als er sich geoutet habe, sei er diskriminiert und ausgegrenzt worden. Der Liedermacher berichtet in dem Beitrag von Morddrohungen über Telefon. Als er im Sommer 2002 im Krankenhaus mit einem Zeckenbiss gelegen habe, habe ihm ein anonymer Anrufer gesagt: „Das ist jetzt die Strafe Gottes; ich hoffe, du stirbst.“

Vorwurf: Evangelikale spalten die Kirche
Der Theologe und Journalist Uwe Birnstein (München) wirft den Evangelikalen in dem Beitrag vor, zwischen „wahren Christen“ und „den Taufscheinchristen, den lauen Christen, Kirchenchristen“ zu unterscheiden. Durch diese Trennung, die der Leiter der Evangelisation ProChrist, Pfarrer Ulrich Parzany (Kassel), „weiter vorantreibt, spalten sie die Kirche“. Evangelikale hätten die Einstellung: „Wir haben die Wahrheit gepachtet, wir stehen in der Wahrheit und ihr anderen nicht, und ihr habt euch gefälligst anzupassen.“ Birnstein weiter: „Mit dieser Einstellung kommt man nach der Erfahrung von 2.000 Jahren Kirchengeschichte nicht weiter, sondern endet darin, dass man sich die Schädel blutig haut, mit Gott auf der Gürtelschnalle.“ Die Mitautorin des evangelikalen-kritischen Buchs „Mission Gottesreich“, Oda Lambrecht, warnt in dem Beitrag ebenfalls vor Evangelikalen. Es sei im Blick auf die Integration anderer Religionen „sehr problematisch, wenn eine Gruppe sagt, dass ihnen Mission wichtiger als sozialer Friede ist“.

Annäherung von Kirche und Evangelikalen
In dem Beitrag kommen auch der EKD-Ratsvorsitzende, Bischof Wolfgang Huber (Berlin), und mehrere Evangelikale zu Wort. Huber begrüßte die Annäherung zwischen Kirche und Evangelikalen: „Der Anspruch, sie alleine würden die Wahrheit des christlichen Glaubens aufrechterhalten, oder gerade sie alleine seien die richtigen Erben der Reformation, diese Ansprüche sind zurückgetreten. Man sieht deutlich, dass in den Landeskirchen selbst auch ein Ringen um die Wahrheit des christlichen Glaubens lebendig ist. Auf diese Weise hat es von beiden Seiten, wenn man es so ausdrücken will, einen Wandel durch Annäherung gegeben. Das ist eine der verheißungsvollsten Entwicklungen, die es in unserer Kirche in den letzten 20 Jahren gegeben hat.“ Im Blick auf den Beauftragten der Deutschen Evangelischen Allianz am Sitz des Deutschen Bundestages und der Bundesregierung, Wolfgang Baake (Wetzlar), heißt es in dem Beitrag, bei öffentlicher Kritik an der Bewegung schlage er zurück – gegen den Zeitgeist und für die christliche Leitkultur. Baake sagte: „Dass Leute, die ganz stark den Atheismus prägen und favorisieren, nach vorne drängen, das ist klar und das ist eine Herausforderung für uns Christen. Das ist eine ganz scharfe Anfrage an uns, was setzen wir dagegen?“ ProChrist-Leiter Parzany kommt unter anderem mit einer Aussage zur Homosexualität in dem Beitrag vor: „Ich muss von der Ethik her sagen, dass homosexuelle Praxis nicht dem biblischen Gebot entspricht, das ist ganz offenkundig.“ Der ehemalige Neonazi Oliver Schalk bekannte in der Sendung: „Jesus ist der Weg nur Jesus allein ist der Weg, die Wahrheit und das Leben und nur durch Jesus kommst du zu Gott.“ Die Verkündigung dieser Botschaft sei notwendig, „weil ich um mich herum Leute sehe, die ins Verlorene rennen“.

Allianz: Kritik richtet sich gegen gesamte Christenheit
Der Vorsitzende der Deutschen Evangelischen Allianz, Direktor Jürgen Werth (Wetzlar), sieht den 3sat-Beitrag in einer Reihe mit anderen Angriffen auf die evangelikale Bewegung in den Medien: „Ein Journalist schreibt beim anderen ab. Doch dadurch werden die undifferenzierten und diffamierenden Behauptungen nicht wahrer. Sind das nicht die eigentlichen Fundamentalisten, die das vorurteilslose Gespräch verweigern? Längst ist klar: Man schlägt die Evangelikalen, aber meint die gesamte Christenheit.“