Nun hat auch die Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland eine Frau als geistliches Oberhaupt. Die Stuttgarter Oberkirchenrätin Ilse Junkermann tritt in die Nachfolge des bisherigen Bischofs Christoph Kähler. Auch Predigt- und Pfarrämter werden immer mehr an Frauen übergeben. Ist das biblisch?
Bis Ende der 50er Jahre wurden die biblischen Aussagen in 1Kor 14,34 und 1Tim 2,12 von allen evangelischen Kirchen als unantastbares biblisches Zeugnis gesehen, welches die Ordination von Frauen in das kirchliche Hirtenamt nicht zulässt. Ab 1958 wird die Frauordination (FrO) in allen evangelischen Landeskirchen praktiziert und ist seit 1992 auch im freikirchlichen Raum immer wieder Gesprächsthema. In der evangelikalen Bewegung werden die Stimmen lauter, die sich für eine FrO aussprechen. Es geht dabei um die Frage nach dem biblischen Verständnis des geistlichen Amtes. Darauf gibt es oft sehr diffuse Antworten. Beispielsweise, dass ein Dienst auf dem weltweiten Missionsfeld anders bewertet wird als der Dienst in der Heimatgemeinde. Wie kann das biblisch begründet werden? Auch emotionale Aussagen wie „Paulus war frauenfeindlich“, „Wer gegen Frauenordination ist, mag keine Frauen“ oder „Es gibt doch auch gute Pfarrerinnen“ helfen nicht weiter, weil das Wort Gottes damit hinter die subjektive Bewertung tritt. Aber nicht die eigene Argumentation, die meine eigene Beurteilung der Bibel bestätigt, zählt, sondern allein Gottes Wort. Und an diesem Punkt scheiden sich die Geister. Denn nach der historisch-kritischen Auslegung der Bibel werden Pastoral- und Paulusbriefe nicht Paulus sondern einem späteren Autor zugeschrieben, die aus kirchenpolitisch motivierten (also menschlichen) Gründen verfasst worden seien. Demnach würde einer FrO nichts im Wege stehen. Wer aber die Heilige Schrift in ihrer Gesamtheit als unfehlbares Wort Gottes annimmt, wird erkennen, dass der Textzusammenhang in 1Tim 2, 12-14 bestätigt, dass unter Wahrung der Schöpfungsordnung und Anerkennung des Sündenfalls eine Autoritätsfunktion der Frau völlig ausgeschlossen ist. Biblische Lehre bedeutet zugleich Ausübung geistlicher Autorität. Das Schweigegebot (1Kor 14,34-35) an die Frau bezieht sich resultierend nicht auf den Dienst in der Gemeinde, sondern auf die geistliche Rede (Predigt) des Hirtendienstes. Gal 3,28 kann deshalb nicht entgegen gehalten werden, weil es in diesem Text nicht um soziale Ordnungen geht, sondern allein um das Heil der Menschen in Christus. Frauen wird nach der Schrift, genauso wie Männern, der Zugang zu Wort und Heil Gottes zuteil. Die Brisanz der Frage nach der FrO liegt allein auf der emotionalen Schiene. Die Bibel gibt eindeutig Antwort.