21. Mai 2022

Netanjahu läßt Gabriel abblitzen

Quelle: jungefreiheit.de

Israels Premierminister Benjamin Netanjahu Foto: wikipedia.org/gemeinfrei

JERUSALEM. Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu (Likud) hat ein Treffen mit dem deutschen Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) bei dessen Antrittsbesuch in Israel platzen lassen. Grund dafür war eine geplante Zusammenkunft Gabriels mit den beiden linken Nichtregierungsorganisationen B’Tselem und „Schovrim Schtika“ (Schweigen brechen), die die Siedlungs- und Besatzungspolitik Israels in den palästinensischen Gebieten kritisieren.

Unterstützung erhielt Netanjahu für die Absage des Gesprächs von mehreren Politikern innerhalb und außerhalb seiner Regierung. Bildungsminister Naftali Bennett (Jüdisches Haus) sagte: „Wir unterstützen Premierminister Netanjahu bei seiner Entscheidung hinsichtlich des Besuchs des deutschen Außenministers.“

Geschaßter Verteidigungsminister stellt sich hinter Netanjahu

Die Organisation „Schovrim Schtika“ sei nicht gegen Netanjahu, sie sei gegen die israelische Armee. Es sei nicht redlich, wenn ein ausländischer Minister ein Land besuche und sich mit Offiziellen treffe, die gegen das Land arbeiteten. „Wir hätten das nicht gemacht und wir erwarten von unseren Freunden, das nicht zu tun.“

Auch der frühere Verteidigungsminister Mosche Yaalon, der im Mai vergangenen Jahres wegen des aus seiner Sicht „wachsenden Extremismus“ in der Regierung Netanjahu von seinem Posten zurückgetreten war, stellte sich hinter den Premierminister. Die Finanzierung und Einmischung europäischer Regierungen zugunsten von Organisationen wie Schovrim Schtika „überschreiten rote Linien“.

Israel habe mit Regierungen, die diese Organisationen finanzierten, unterstützen und sich für sie einsetzten die Geduld verloren. Die europäischen Regierungen täten dies „nicht, um uns zu helfen, sondern um die falsche palästinensische Lesart zu stärken und Israels Status in der Welt zu schwächen“.

Gabriel: Israel führt ein Apartheids-Regime

Das Treffen hätte am Dienstagnachmittag stattfinden sollen. Gabriel verteidigte die Begegnung mit den beiden Organisationen: „Es ist ganz normal, daß wir bei Auslandsbesuchen auch mit Vertretern der Zivilgesellschaft sprechen“, sagte er dem ZDF-Morgenmagazin. Umgekehrt wäre es „undenkbar“, ein Gespräch mit Netanjahu abzusagen, wenn er in Deutschland Regierungskritiker träfe.

Bereits in der Vergangenheit war Gabriel durch einseitige Parteinahme zugunsten der Palästinenser aufgefallen. Vor fünf Jahren hatte er nach einem Besuch im Westjordanland die israelische Besatzung der palästinensischen Gebiete als „Apartheids-Regime, für das es keinerlei Rechtfertigung gibt“, bezeichnet. (tb)