27. Januar 2022

Homosexualität: Welche Kirche wollen wir sein?

Klaus Rudolph. Foto: privat

Von Klaus Rudolph

Die Landeskirche und die Sächsische Bekenntnisinitiative haben ihren Gesprächsprozess zur Frage begonnen, ob man das Pfarrhaus in der Evangelisch-Lutherischen Kirche Sachsens für homosexuelle Partnerschaften öffnen soll.

Unter der Überschrift „Kirche im Gespräch. Wie lesen wir die Bibel und welche Kirche wollen wir sein?“ versammelten sich am 10. Januar etwa 500 Interessierte zu einer ersten Podiumsdiskussion in der Chemnitzer Johanneskirche (Jugendkirche).

Die Kirchenzeitung „DER SONNTAG“ hatte dazu eingeladen. Auf dem Podium saßen als Vertreter der Landeskirche Landesbischof Jochen Bohl, Oberlandeskirchenrat Burkart Pilz und Synodalpräsident Otto Guse und als Vertreter der Sächsischen Bekenntnisinitiative Pfarrer Falk Klemm und Pfarrer i.R. Dieter Keucher. Moderiert wurde das Gespräch vom leitenden Redakteur der Kirchenzeitung, Andreas Roth.

Die Kirche war zu klein. Das war vorhersehbar! Viele Besucher standen oder sind wieder gegangen. War das reine Planungsschwäche oder war es gewollt, die Veranstaltung auf diese Weise „kleinzuhalten“? In der überfüllten Kirche gab es dann natürlich technische Probleme mit der Tonübertragung. Und es stand nur ein Saalmikrophon zur Verfügung.

Der Landesbischof betonte, dass die Bibel das Glaubenszeugnis von Menschen sei und sie auch „Falsches“ enthalte. Als Beispiel nannte er, dass die Bibel den Hasen zu den Wiederkäuern rechne. – Dass da der geistliche Leiter unserer Kirche irrt, belegen wissenschaftliche Erkenntnisse. – Aus dem Publikum meinte ein Besucher: „Einen Bischof, der biblische Aussagen als falsch bezeichnet, hat es noch nie in Sachsen gegeben“. Für Pfarrer Klemm hingegen ist die Bibel das autorisierte Wort Gottes und Grundlage für die Lehrautorität.

Peinlich wurde es für den geladenen Oberkirchenrat. Er meinte gar, dass es im Neuen Testament keine Aussage zu weiblicher Homosexualität gäbe. Scheinbar kennt Pilz die Stelle im Brief des Paulus an die Römer nicht, wo es heißt:

„Darum hat sie Gott dahingegeben in schändliche Leidenschaften; denn ihre Frauen haben den natürlichen Verkehr vertauscht mit dem widernatürlichen…“.

Mit zu Herzen gehenden Berichten aus seiner „Seelsorgepraxis“ thematisierte der Bischof die Frage zur Homosexualität. Seiner Ansicht nach müsse „immer wieder neu“ entschieden werden, was das Wort Gottes für den Menschen sei. Die Entscheidung müsse „immer im Geist Jesu“ aus der Mitte der Schrift heraus getroffen werden. Zu Recht mahnten die Vertreter der Bekenntnisinitiative, dass ja damit alles und jedes zu rechtfertigen sei.

Während des Podiumsgespräches betonten die Kirchenvertreter immer wieder, dass doch die Landeskirche selbstverständlich auch andere Meinungen respektiere. Im Rückblick auf die Disziplinierung und Diskriminierung bibeltreuer Mitarbeiter im vergangenen Jahr grenzen solche Aussagen an Heuchelei.

Es war nicht zu überhören: Die bibeltreuen Argumente wurden mit rauschendem Beifall bedacht und die liberale Fraktion musste sich mit einem spärlichen Gunstbeweis arrangieren.

Am Ende der Veranstaltung bat der Bischof um ein Schlusslied und forderte alle dazu auf aufzustehen. War das nun auch wieder vorüberlegte Regie? Damit sollte wohl der Eindruck einer großen Geschlossenheit vermittelt werden.

Mein Fazit: Mit der Veranstaltungsreihe bleibt zwar die Thematik „Homosexualität in der Kirche“ im Gespräch, das Problem der inneren Kirchen-Spaltung wird sie nicht lösen können. Landesbischof Bohl wird nicht in der Lage sein, die im Schriftverständnis getrennten Lager in der sächsischen Kirche wieder zusammenzuführen.

Es braucht dringend eine Arbeitsgruppe, die in einem abgesteckten Zeitrahmen nach Lösungen sucht – und vielleicht auch nach einem neuen Bischof. Auf jeden Fall bedarf die Situation weiter unserer Fürbitte. Es bleiben: Geduld und Glaube der Heiligen.

[Klaus Rudolph (CVJM) und Vorsitzender Domus Rumänienhilfe Deutschland e.V.]

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Weitere Podiumsdiskussionen zu diesem Thema finden statt am 30. Januar in Leipzig, am 31. Januar in Plauen, am 20. Februar in Bautzen und am 21. Februar in der Landeshauptstadt Dresden.