28. September 2021

Kirchen-Kampf im frommen Sachsen

Quelle: ideaSpektrum 2012/25

Helmut Matthies – Foto: idea

In keiner Landeskirche ist nach der Verabschiedung des Pfarrdienstgesetzes auf der EKD-Synode Ende 2010 der Widerstand gegen homosexuelle Partnerschaften im Pfarrhaus so groß gewesen wie in der pietistisch geprägten Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens.

Trotz zahlreicher Warnungen entschied die sächsische Kirchenleitung Anfang dieses Jahres zur Überraschung vieler theologisch konservativer Christen, das Pfarrhaus für diese Lebensweise zu öffnen, wenn bestimmte Voraussetzungen gegeben sind. Das wurde besonders von Pietisten als Affront betrachtet.

Eine Sächsische Bekenntnis-Initiative von inzwischen 253 Gemeinschaften, 106 Gemeinden, 32 Werken und rund 8.000 Einzelpersonen bildete sich. Ihre Vertreter konnten allerdings auf der Frühjahrstagung der Landessynode den Beschluss der Kirchenleitung nicht kippen. Zumindest erreichten sie zusammen mit weiteren konservativen Synodalen die Verabschiedung einer zusätzlichen Erklärung, dass Ehe und Familie das Leitbild bleiben sollen. Außerdem gibt es einen dreijährigen Gesprächsprozess.

Eine überzogene Entscheidung

Dass es bei der Öffnung von Pfarrhäusern (in seelsorgerlichen Einzelfällen) bleibt, führte dazu, dass die Mitglieder des Evangelisationsteams Sachsen um den prominentesten Prediger zu DDR-Zeiten, Pfarrer i. R. Theo Lehmann (Chemnitz), und seinen bekannten Nachfolger, den Evangelisten und Liedermacher Lutz Scheufler (Waldenburg), erklärten, sie wollten zwar nicht aus der Landeskirche austreten, könnten jetzt aber Landesbischof, Kirchenleitung und Landessynode „nicht mehr als geistliche Leitung“ anerkennen. Außerdem forderten sie die Gründung einer Bekenntnissy­node. Nur eine Woche später wurde Lutz Scheufler vom Dienst suspendiert (andere sollen folgen). Rein dienstrechtlich ist das verständlich. Aber menschlich und geistlich? Hätte man nicht zumindest zuerst das Gespräch suchen müssen? Wie zahlreiche Reaktionen, die idea erreichen, zeigen, wird diese Entscheidung in vielen evangelikalen Kreisen und darüber hinaus als falsch oder völlig überzogen betrachtet.

Was ist entscheidend in der Kirche Jesu Christi?
Die Fragen lauten: Wie kann es sein, dass Pfarrerinnen und Pfarrer im Amt bleiben, die wesentliche Bestandteile des Glaubensbekenntnisses – wie die Jungfrauengeburt – leugnen, gleichzeitig aber der suspendiert wird (und deshalb nicht mehr in kirchlichem Auftrag predigen darf), der die kirchenleitenden Gremien als geistliche Instanz nicht mehr akzeptieren kann? Ist also die Loyalität zum Herrn der Kirche – Christus – weniger wichtig als die Loyalität zu kirchlichen Gremien? Die Kirchenleitung wusste, dass ihre Entscheidung, das Pfarrhaus für homosexuelle Partnerschaften zu öffnen, viele vor den Kopf stößt. Sie musste also mit heftigen Konsequenzen rechnen. Ob nun noch mehr Kirchenmitglieder austreten, liegt auch daran, wie sie sich jetzt verhält. Die Entscheidung, Lutz Scheufler zu suspendieren, ist jedenfalls für viele nicht nachvollziehbar. Der Aufstand in Teilen der Gemeindebasis in Sachsen zeigt es. Scheufler hat in den letzten Tagen das Evangelium nur noch gesungen – in einer Kirche und einem Gemeinschaftshaus. Beide waren überfüllt.Es grüßt Sie herzlich Ihr

idea-Leiter Helmut Matthies (Wetzlar)

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