17. September 2021

Vater muss eineinhalb Jahre hinter Gitter

Quelle: idea.de

Lüneburg (idea) – Weil er seine vier minderjährigen Kinder nach Nordafrika entführt hat, ist ein Mann, der aus christlichen Motiven gehandelt haben will, zu eineinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Damit zogen die Richter am Landgericht Lüneburg einen vorläufigen Schlussstrich unter ein Drama, das im vergangenen Sommer ganz Deutschland bewegt hat.

Der heute 38-jährige Axel Hüls aus Hermannsburg (Lüneburger Heide) hatte am Ostermontag seine Söhne Jonas (9) und Benjamin (7) sowie die Töchter Miriam (5) und Lisa (4) im Haus seiner geschiedenen Frau Katja (31) zu einem Fahrradausflug abgeholt. Vorher hatte er die Pässe, Geburtsurkunden und Sparbücher der Kinder entwendet. Von Hannover aus flog Hüls mit den Kindern in den ägyptischen Badeort Hurghada, fuhr dann in den Sudan und kehrte schließlich nach Kairo zurück. Am 7. September wurde Hüls dort festgenommen und nach Deutschland ausgeliefert. Die Staatsanwaltschaft hatte als Strafe für die Kindesentziehung und den Diebstahl zwei Jahre und sechs Monate Haft gefordert. Der Verteidiger bat um Milde, um den Vater nicht zu lang den Kindern zu entziehen. Die frühere Ehefrau sprach sich als Nebenklägerin gegen eine mögliche Bewährungsstrafe aus.

Ein religiöser Einzelgänger

Während der mehrtägigen Verhandlung bestätigte Hüls den Sachverhalt. Sein Verhalten begründete er mit Bibelstellen. Er habe seine Kinder vor der Erziehung durch die in „Unzucht“ lebende Mutter schützen müssen. Sie hat einen Lebensgefährten und sei deshalb eine Ehebrecherin. Hüls wollte es vor allem nicht hinnehmen, dass seiner Frau im April 2011 das alleinige Sorgerecht für die Kinder zugesprochen wurde. „Gott hat mir das Recht gegeben, so zu handeln“, sagte er vor Gericht. Er war bis vor fünf Jahren Mitglied der Hermannsburger Gemeinde der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche. Dann verließ er die theologisch konservative Freikirche, weil sie ihm zu liberal erschien. Fortan galt er als religiöser Einzelgänger.

Gutachter nennt Hüls’ Ansichten „nicht völlig realitätsfremd“

Ein psychiatrischer Gutachter entkräftete vor Gericht die Annahme, dass Hüls an einer Wahnerkrankung oder Psychose leide und deshalb nicht schuldfähig sei. Er sei in seinem Denken „engstirnig und rigide“, handele egozentrisch und habe Größenfantasien und Schwierigkeiten im Umgang mit Menschen. Aber seine Ansichten seien nicht völlig realitätsfremd und könnten nicht als wahnhaft bezeichnet werden. Einschneidende Erlebnisse hätten sein Selbstwertgefühl erschüttert. In der Religion habe er Kraft gefunden, seine Defizite zu kompensieren. Auch Hüls’ Verteidiger hob den strengen Glauben seines Mandanten hervor: „Für ihn zählt, was ihm von Gott vorgegeben ist. Die weltlichen Gesetze siedelt er da tiefer an.“