28. Januar 2022

Politik und Kirchen gedenken des 17. Juni 1953

Quelle: idea.de

Volksaufstand in der DDR wurde von sowjetischen Panzern niedergeschlagen.

Berlin (idea) – Mit Gedenkveranstaltungen und Andachten haben Vertreter aus Gesellschaft, Politik und Kirche an den niedergeschlagenen DDR-Volksaufstand vom 17. Juni 1953 erinnert.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) legten am Mahnmal für die Opfer des Volksaufstandes auf dem Friedhof Seestraße im Berliner Stadtteil Wedding Kränze nieder. Wowereit rief dazu auf, Freiheit und Demokratie zu verteidigen: „Wir gedenken mit Respekt und Dankbarkeit der tapferen Männer und Frauen des 17. Juni.“ Ihr Engagement und ihre Opferbereitschaft im Kampf gegen Diktatur und Unterdrückung machten noch heute den Wert einer freiheitlichen Gesellschaft deutlich. Kritik an Wowereit übte CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe. Es sei unverständlich, dass der SPD-Politiker einerseits so rede, andererseits mit den „Erben der Unterdrücker von einst“ paktiere. In Berlin regiert eine rot-rote Koalition aus SPD und Linkspartei.

17. Juni wieder zum nationalen Gedenktag machen

Der Berliner CDU-Landes- und Fraktionschef Frank Henkel hatte bereits einen Tag zuvor einen Kranz am Denkmal vor dem Bundesfinanzministerium niedergelegt. Der Politiker regte an, den Ort „Platz des 17. Juni 1953“ zu nennen. Vor dem einstigen Haus der Ministerien hatten damals tausende Bürger gegen die DDR-Regierung protestiert. Der Leiter der Stasiopfer-Gedenkstätte in Berlin-Hohenschönhausen, Hubertus Knabe, forderte, den 17. Juni wieder zu einem nationalen Gedenktag zu machen. Seit der Abschaffung des Feiertags, der in der alten Bundesrepublik arbeitsfrei war, verblasse die Erinnerung an den Aufstand, kritisierte Knabe.

Stalinismus-Opfer: Demokratie ist nicht selbstverständlich

Mit einer Schweigeminute erinnerten Vertreter der „Vereinigung der Opfer des Stalinismus“ (VOS) an den Volksaufstand. Am ältesten Denkmal für die Opfer des Stalinismus in Deutschland, am Steinplatz in Berlin-Charlottenburg, legten sie einen Kranz nieder. „Wir verneigen uns heute vor den Menschen, die im Kampf für Freiheit und Selbstbestimmung am 17. Juni vor 58 Jahren ihr Leben in der Diktatur verloren haben“, sagte der stellvertretende Bundesvorsitzende Ronald Lässig. Die Verbrechen, die in der DDR von Staats wegen begangen wurden, dürften nicht in Vergessenheit geraten, „denn Demokratie ist nicht selbstverständlich“.

Kein gemeinsames Gedenken mit Rechtsextremisten

Scharfe Kritik gab es an einer parallel geplanten Kundgebung der NPD in Berlin unter dem Motto „Arbeiter wehrt euch – damals wie heute“. Der Vorstandsvorsitzende der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Rainer Eppelmann, und deren Geschäftsführerin Anna Kaminsky erklärten: „Es kann kein gemeinsames Gedenken an den 17. Juni mit Extremisten geben.“ Die Erinnerung gelte den Opfern und all jenen, die in der DDR Widerstand leisteten. Es könne nicht zugelassen werden, dass die NPD das Eintreten dieser Menschen für Freiheit und Demokratie verhöhne. Gegen eine Vereinnahmung des Gedenkens durch Rechtsextreme wandten sich auch Kirchgemeinden in zahlreichen mitteldeutschen Städten. So erinnerten etwa die Gemeinden in Gera mit einem ökumenischen Gebet in der Trinitatiskirche an den Volksaufstand. Damit habe man zugleich die Absicht von Neonazis zurückweisen wollen, die damaligen Ereignisse für die rechtsextremistische Ideologie zu missbrauchen, erklärte der evangelische Stadtjugendpfarrer Michael Kleim. Am 17. Juni 1953 hatten sich in Ost-Berlin und mehr als 700 weiteren Orten der DDR rund eine Million Menschen an Streiks und Demonstrationen beteiligt. Bei der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste kamen mehr als 50 Personen ums Leben.