22. Januar 2022

EKD-Ratsvorsitzender: Auch der Islam will Frieden

Quelle: idea.de

Foto: Thomas Schneider

Genf (idea) – Dem Islam darf man nach Ansicht des EKD-Ratsvorsitzenden, Präses Nikolaus Schneider (Düsseldorf), nicht den Friedenswillen absprechen. Es sei ein „Irrtum“ anzunehmen, dass der Islam oder andere Weltreligionen weniger am Frieden interessiert seien als das Christentum, sagte Schneider am 6. April in einem Vortrag in der deutschen evangelischen Kirchengemeinde in Genf (Schweiz).
 

„Eine tiefe Sehnsucht nach dem Frieden“ gebe es in allen fünf großen Weltreligionen – Christentum, Judentum, Islam, Hinduismus und Buddhismus, sagte Schneider laut Redemanuskript. Es sei wichtig zu unterscheiden zwischen der Weltreligion Islam, dem fundamentalistischen Islamismus und einem islamistischen Terrorismus. Aus Sicht der Attentäter stünden die Anschläge in der Tradition des Dschihad, verstanden als Anstrengung zur Verteidigung und Ausbreitung des Islam. Doch der Kampf gegen die „Ungläubigen“ richte sich auch gegen einen Teil der Muslime. Die Terroristen beriefen sich zu Unrecht auf die ursprüngliche islamische Tradition. Der Grundbegriff Dschihad sei nicht synonym mit „Heiliger Krieg“ zu übersetzen; vielmehr meine das Wort „Anstrengung auf dem Wege Gottes“. Dazu könne die moralische Vervollkommnung, der Kampf gegen Krankheit oder Analphabetismus gehören. Die meisten islamischen Regierungen lehnten Terror, der sich auf den Dschihad beruft, ab.

Konflikte haben meist keine religiösen Ursachen

Für keine der großen Weltreligionen bestehe ein notwendiger oder gar unvermeidlicher Zusammenhang zwischen Glaube und Gewalt. Zum Ausbruch gewalttätiger Konflikte trage jedoch häufig die Verbindung kultureller und religiöser Faktoren mit machtpolitischen, sozialen oder wirtschaftlichen Anliegen bei. Zwar könnten sich Gewaltausbrüche religiös artikulieren, aber sie hätten in der Regel weder religiöse noch kulturelle Ursachen. Religion werde hier als Mittel missbraucht, mit dem einfache und schnelle Lösungen angeboten werden könnten.

Dialog der Kulturen führen

Wer den „Kampf der Kulturen“ vermeiden wolle, müsse den Dialog der Kulturen führen, betonte Schneider. Das könne die Kirche auf zahlreichen Arbeitsfeldern tun, etwa in Schulen, Konfirmanden- und Jugendarbeit, in den Freiwilligendiensten und in der Erwachsenenbildung – „ja, überall dort, wo Kirche die Menschen erreicht“. Der Friede sei nach christlichem Verständnis „eine Gabe Gottes und eine Aufgabe für die Menschen“.

Begegnung zwischen Rat der EKD und ÖRK

Schneider traf in Genf mit einer Delegation des Rates der EKD zu einer Begegnung mit dem Generalsekretär des Ökumenischen Rats der Kirchen (ÖRK), Olav Fykse Tveit, zusammen. Dabei würdigte Schneider die „überaus notwendige Arbeit“ der Dachorganisation von 349 evangelischen, orthodoxen und anglikanischen Kirchen mit über 560 Millionen Mitgliedern in 110 Ländern. Tveit betonte bei der Begegnung: „Der ÖRK ist so stark, wie die Mitglieder uns machen.“ Die deutschen Kirchen gehören zu den größten Geldgebern des ÖRK.