26. Juli 2021

EKD kritisiert geplante Gesundheitsreform

Quelle: idea.de

Kirche befürchtet „eine weitere Aushöhlung der Solidarität“.

Hannover (idea) – Kritik an der geplanten Gesundheitsreform der Bundesregierung hat die EKD geübt. Der Gesetzentwurf sieht unter anderem vor, dass bei der Krankenversicherung künftig allein die Arbeitnehmer Kostensteigerungen durch Zusatzbeiträge bezahlen.
 

Übersteigt der durchschnittliche Zusatzbeitrag aller Kassen allerdings zwei Prozent des Einkommens eines Versicherten, erhält dieser einen Sozialausgleich aus Steuermitteln. Der Rat der EKD veröffentlichte am 3. November in Hannover eine Orientierungshilfe zu dem Vorhaben. Der amtierende EKD-Ratsvorsitzende, Präses Nikolaus Schneider (Düsseldorf), befürchtet, dass die Reformschritte „eine weitere Aushöhlung der Solidarität“ mit sich bringen. So werde die paritätische Finanzierung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die schon in der letzten Gesundheitsreform untergraben worden sei, mittelfristig noch weiter zurückgenommen. Überproportional belastet würden jene, die als Geringverdiener ihren eigenen Unterhalt sichern müssen, schreibt Schneider im Vorwort der Orientierungshilfe. Sie wurde von einer Ad-hoc-Kommission unter Vorsitz des Erlanger Theologieprofessors Peter Dabrock erarbeitet. Er stellt fest: „Die geplante Gesundheitsreform belastet überproportional Menschen mit chronischen Erkrankungen und Behinderungen oder geringem Einkommen. Eine solche Lastenverteilung ist schwer vereinbar mit dem christlichen Grundsatz der vorrangigen Option für die Schwachen und Benachteiligten. Sie ist auch politisch unklug, weil das Leben in einer Gesellschaft, die die Kluft zwischen Arm und Reich weiter wachsen lässt, für fast alle, Arme wie viele Reiche, nachteilige Konsequenzen hat.“

EKD plant Papier zur Neugestaltung des Gesundheitssystems

Nach Schneiders Worten ist der Rat überzeugt, dass eine gerechte und gute Gesundheitspolitik wesentliche Impulse aus religiösen Überzeugungen gewinnen kann. Es gehe um mehr als Kostenmanagement. Versicherte brauchten Vertrauen in eine gute Gesundheitsversorgung, Leistungserbringer brauchten Planungssicherheit und Gestaltungsmöglichkeiten und Kostenträger benötigten eine auskömmliche Finanzierung, die aber die Gesamtgesellschaft nicht überlasten dürfe. Aufgrund ihrer Sorge um ein zukunftsfähiges und solidarisches Gesundheitssystem in Deutschland hatte die EKD im Februar eine Ad-hoc-Kommission berufen. Sie wird bis Frühjahr 2011 eine Schrift erarbeiten, die Vorschläge zum Erhalt und zur Neugestaltung des Gesundheitssystems machen und dabei auch auf Fragen der Pflege eingehen soll. Angesichts der aktuellen Diskussion um die Gesundheitsreform hielt es der Rat der EKD nach eigenen Angaben für geboten, kurzfristig eine Orientierungshilfe vorzulegen.