30. Juni 2022

Darf man sich über den Glauben lustig machen?

Quelle: idea.de

Alfred Buß: Religion und Humor gehören zusammen, allerdings gibt es auch Grenzen. Foto: Reinhard Elbracht

Essen (idea) – Humor und Religion gehören zusammen. Diese Ansicht vertraten die Teilnehmer einer Podiumsdiskussion zum Thema „Komisches Christentum“ am 6. Mai in der Universität Duisburg-Essen.
 

Der Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Alfred Buß (Bielefeld), sagte, Jesus habe immer wieder „gegen die Erwartung von Menschen“ gepredigt. Unerwartete Pointen seien auch ein Gegenstand von Humor. Allerdings gebe es dafür auch Grenzen. So bezeichnete er die Witze des Komödianten Harald Schmidt in dessen ARD-Sendung nach dem Rücktritt von Margot Käßmann als „platt“ und „geschmacklos“. Schmidt hatte sich in seiner Show vom 25. Februar über die Alkoholfahrt von Käßmann lustig gemacht. Nachdem die 51-Jährige mit 1,54 Promille eine rote Ampel übersehen hatte und von der Polizei angehalten wurde, hatte sie am 20. Februar ihren Rücktritt als EKD-Ratsvorsitzende und Landesbischöfin erklärt. Buß kritisierte, Schmidt habe die Äußerungen von Käßmann – die sie im Zusammenhang mit vergangenen Lebenskrisen wie ihrer Brustkrebserkrankung gemacht hatte – für seine Belustigung genutzt. Mit den Krisen von Menschen sollte man jedoch rücksichtsvoll umgehen.

Probleme einer Clownin im Schwabenland

Die feministische Theologin und Clownin Gisela Matthiae (Gelnhausen) sagte, es komme beim Humor immer darauf an, wer über wen lacht. Die Frage sei, ob man sich von oben herab oder über höher gestellte Persönlichkeiten lustig mache. Sie selbst mache bei ihren Auftritten Witze über jede Religion. Dabei habe sie es im pietistisch geprägten Schwabenland schwieriger. Dort gebe es mitunter Probleme, wenn sie als Clownin den Namen Jesus in den Mund nehme. Meist seien aber die Reaktionen positiv, weil sie die Zweifel der Leute aufgreife und Glaubensdinge, die schwer zu verstehen sind, zum Gegenstand von Humor mache.

Becker: Religion gibt viel Stoff für Humor

Nach Ansicht des Kabarettisten Jürgen Becker (Köln) haben Humor und Religion eine Gemeinsamkeit: In beiden Fällen gehe es darum, Dinge anders zu sehen, als es der Verstand eigentlich verlangt. Als Beispiele nannte er die Jungfrauengeburt Marias, die Erweckung eines Toten (Lazarus) und Jesu Verwandlung von Wasser in Wein. Gerade die Religion gebe immer wieder Stoff für Humor, da dort die Fallhöhe vom moralischen Anspruch zur Realität besonders hoch sei. Er selbst mache nicht nur Witze über die Kirche, sondern auch über Muslime oder Juden. Letztere seien führend beim Thema Humor, weil sie die meisten Tabus hätten, an denen man rütteln könne. Wenn jemand Probleme damit habe, müsse er nicht ins Kabarett gehen. „Es muss ja nicht jedem alles gefallen.“ Die Podiumsdiskussion fand im Zusammenhang mit dem diesjährigen Hochschuldialog der EKD statt. Die Veranstaltungsreihe verfolgt das Ziel, die kirchliche Präsenz an der Hochschule zu stärken. In diesem Jahr fand er anlässlich des Kulturhauptstadtjahres Ruhr.2010 in Essen statt.