27. Januar 2022

Wert des Menschen hängt nicht vom Schulerfolg ab

Quelle: idea.de

Köln (idea) – Vor einem überzogenen Leistungsdruck auf Schüler haben Vertreter aus Kirche und Politik gewarnt. Den Wert eines Menschen sollte man nicht vom schulischen Erfolg abhängig machen, sagte der Präsident des EKD-Kirchenamts, Hermann Barth (Hannover), in einer Podiumsdiskussion auf der Bildungsmesse didacta am 18. März in Köln.
 
Auch die Präsidentin des nordrhein-westfälischen Landtags, Regina van Dinther (CDU), mahnte, die Kinder so anzunehmen wie sie sind. Es gebe keinen Rechtsanspruch auf ein Einser-Abitur. Man müsse die Schulform wählen, die zum Kind passt und nicht die, die sich die Eltern wünschen. Zudem sprach sie sich dafür aus, den Religionsunterricht beizubehalten. Ihr selbst habe der Glaube in Höhen und Tiefen des Lebens geholfen, sagte die Katholikin.
 

Schule zu sehr auf Wissensvermittlung fixiert

Der Erziehungswissenschaftler Prof. Volker Ladenthin (Bonn) kritisierte, dass das Lernen an der Schule heute zu sehr auf Wissensvermittlung reduziert sei. Lehrer sollten mehr Freiheiten bekommen, um auf die Bedürfnisse der einzelnen Kinder eingehen zu können. Sonst könne man den Druck an den Schulen nicht abbauen. Seiner Ansicht nach sind Gewalttaten und Amokläufe eine Reaktion darauf, dass die Schule ihr menschliches Gesicht nicht mehr ausreichend zeige.

Erzbischof für sachlichere Missbrauchs-Debatte

In der Diskussion wurden auch die bekannt gewordenen Missbrauchsfälle an kirchlichen Schulen angesprochen. Der katholische Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker forderte eine klare Aufarbeitung, Aufklärung und Verfolgung der Fälle. Gleichzeitig sprach er sich für eine sachlichere Debatte aus. Man sollte die Diskussion um das Zölibat nicht mit der Debatte um die Kindesmissbräuche vermischen. EKD-Kirchenamtspräsident Barth forderte „null Toleranz“ für die Täter. Es dürfe keine Vertuschung mehr geben. Die Fälle müssten strafrechtlich verfolgt werden. Auch die disziplinarrechtlichen Möglichkeiten sollten – entsprechend der Schwere der Fälle – angewandt werden. Gleichzeitig sprach er sich dafür aus, eine liebevolle Sprache beim Reden über Sexualität zu entwickeln. Es sei wichtig zu vermitteln, dass Sexualität eine Gabe Gottes ist.
 

Van Dinther: Eltern müssen früh aufklären

Landtagspräsidentin van Dinther sieht dabei vor allem die Eltern in der Pflicht. Sie sollten früh mit der Aufklärung beginnen und vorleben, dass Sexualität etwas mit Liebe und Zuneigung zu tun hat. Um Wertüberzeugungen zu vermitteln, sei es zudem wichtig, Grenzen zu setzen. Der Bildungsexperte Ladenthin warnte davor, einen Zusammenhang zwischen dem Christentum und den Missbrauchsfällen herzustellen. Schließlich sei es in der Geschichte die erste Religion gewesen, die Kinder als gleichwertige Partner anerkannt habe.