28. Mai 2022

Missbrauch: Anfragen beim Weißen Kreuz nehmen zu

Quelle: idea.de

Der Leiter des evangelischen Fachverbandes für Sexualethik und Seelsorge „Weißes Kreuz“, Rolf Trauernicht. Foto: Lothar Rühl

Kassel (idea) – Die Medienberichterstattung über sexuellen Missbrauch lässt die Anfragen zu diesem Thema beim evangelischen Fachverband für Sexualethik und Seelsorge „Weißes Kreuz“ deutlich steigen. Das teilte dessen Leiter, Rolf Trauernicht (Ahnatal bei Kassel), auf einem Kongress des Verbandes mit, der vom 25. bis 27. März in Ahnatal bei Kassel stattfand.
 

An manchen Tagen meldeten sich bis zu sechs Betroffene – Täter wie Opfer. Missbrauch komme auch in evangelikalen Kreisen vor. Trauernicht unterstrich vor den rund 200 Tagungsteilnehmern die Notwendigkeit, das Thema in christlichen Gemeinden und Jugendverbänden anzusprechen. Wenn die Sprachlosigkeit überwunden werde, sinke die Gefahr, dass es zu weiteren Übergriffen komme. Zugleich warnte Trauernicht vor einer falschen Wahrnehmung. Nicht kirchliche Einrichtungen und Schulen seien meist die Tatorte. Vielmehr seien in 80 bis 90 Prozent der Fälle Familienangehörige die Täter. Zu den Ursachen sagte er, wer es zum Beispiel nie gelernt habe, Hilfe in Anspruch zu nehmen, stehe besonders in Gefahr, diesen Mangel durch eine zu große – auch sexuelle – Nähe ausgleichen zu wollen und so zum Täter zu werden. Vor allem Menschen in Helferberufen seien gefährdet, aber auch bindungsgestörte Menschen, zu denen inzwischen 55 Prozent der Bevölkerung in Deutschland gehörten. Je unbefriedigender die eigenen Bindungen seien, desto stärker werde der Wunsch nach einer sexuellen Beziehung.

Sex gehört in die Ehe

Hauptredner der Tagung waren die Paar- und Sexualtherapeuten Christa und Wilf Gasser (Bern). Sie wiesen darauf hin, dass die Ehe den Schutzraum für eine erfüllende Sexualität biete. Dies entspreche der Schöpfungsordnung Gottes. Trauernicht zog ein positives Fazit des Kongresses. Gegenüber dem vorhergehenden Treffen im Jahr 2008 habe man 30 Prozent mehr Teilnehmer gezählt. Das Weiße Kreuz unterhält über 100 Beratungsstellen in Deutschland, vor allem zu Ehe- und Familienfragen. Nach Angaben des Verbandes nehmen auch immer mehr internet- und pornosüchtige Männer die Hilfsangebote in Anspruch. Zunehmend genutzt werde eine anonyme Online-Beratung.