29. Januar 2022

Sächsische Kirche distanziert sich von „Jugend mit einer Mission“

Quelle: idea.de

Bischof Jochen Bohl: Mission darf nie überrumpelnd sein.

Dresden/Herrnhut (idea) – Die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens hat sich von einem Arbeitszweig des Missionswerks „Jugend mit einer Mission“ (JMEM) distanziert.
 

Die Art der Missionstätigkeit der JMEM-Einrichtung „Strategic Frontiers Herrnhut“ entspreche nicht dem Verständnis von Mission der Landeskirche, erklärte Landesbischof Jochen Bohl (Dresden) am 21. Oktober. Zum Hintergrund: Das ARD-Magazin „Panorama“ hatte in seiner Sendung vom 8. Oktober das charismatisch orientierte internationale Werk als „fundamentalistische“ Organisation dargestellt, die junge Christen ermuntere, unter Todesgefahr zu missionieren. Zwei Reporterinnen hatten sich für ihre Recherchen als „streng gläubige Christinnen“ ausgegeben und sich in das Zentrum des Missionswerks in Herrnhut eingeschleust und mit versteckter Kamera gedreht. In der Erklärung Bohls heißt es, Mission dürfe „nie etwas Gewaltsames bekommen. Sie darf nie überrumpelnd sein oder von mangelndem Respekt gegenüber den Menschen, denen das Evangelium nahegebracht werden soll, begleitet sein. Genau dies aber sei in den öffentlichen Äußerungen der Organisation der Fall“, so der Bischof. Darum müsse sich die Landeskirche „davon deutlich distanzieren“.

Vorwurf: JMEM schadet dem guten Ruf der Brüdergemeine

„Strategic Frontiers“ hätten sich gegen den Willen der Herrnhuter Brüdergemeine in dem Ort angesiedelt. „Sie benutzen den Namen und den weltweit bekannten guten Ruf der Herrnhuter Brüdergemeine für ihre Zwecke und schaden damit sowohl dem Ansehen Herrnhuts als auch der christlichen Mission insgesamt.“ Die bei „Strategic Frontiers“ gepflegte „militante Ausdrucksweise“ zeuge von einem mangelnden Einfühlungsvermögen. Bohl: „Wo Mission in solcher Weise mit einem westlichen kulturellen Überlegenheitsgefühl gekoppelt wird, werden die Fehler des Kolonialismus wiederholt.“ Bohl bezeichnete es zugleich als gut, wenn junge Menschen für ihren Glauben einstehen und ihn weitergeben möchten: „Aber sie sollten darauf achten, in welchem Rahmen dies geschieht und ob die Organisation, die sie dabei unterstützt, das nötige Verantwortungsbewusstsein besitzt.“ Bei „Strategic Frontiers“ scheine dies nicht der Fall zu sein.

Gegen undifferenzierte Berichterstattung

Zuvor hatte sich bereits die Herrnhuter Brüdergemeine, die durch die jährliche Veröffentlichung des Andachtsbuchs „Losungen“ weltweit bekannt ist, von dem Missionswerk distanziert. „Wo ‚Herrnhut’ draufsteht, sei nicht immer ‚Herrnhut’ drin“, so die Brüdergemeine. Ungeachtet der Unterschiede wende man sich aber entschieden gegen eine undifferenzierte Darstellung christlicher Missionsarbeit in den Medien.

JMEM: Wir gehen respektvoll mit Menschen um

„Jugend mit einer Mission“ zeigte sich überrascht über die Äußerungen von Bohl und wies die Vorwürfe zurück. Selbstverständlich dürfe Missionsarbeit niemals gewaltsam erfolgen, sagte der Leiter des Zentrums in Herrnhut, Jan Schlegel. „Da die Grundsätze unseres Missionsverständnisses unter anderem durch die ,Lausanner Verpflichtung’ definiert sind, gilt für unsere Missionspraxis das Prinzip der einfühlsamen Kommunikation.“ Bei allen Aktivitäten im Ausland verfolge man das Ziel, gegenüber den Menschen und deren Kultur Respekt zu üben. Die Schulungsprogramme seien deshalb darauf ausgerichtet, das Evangelium kulturell angemessen und relevant zu präsentieren. Zudem achte man darauf, dass man nicht mit der Herrnhuter Brüdergemeine verwechselt werde. Dass es von Seiten des Landesbischofs Vorbehalte gegenüber dem Missionswerk gibt, sei diesem bisher nicht bewusst gewesen. Schlegel: „Selbstverständlich sind wir gerne dazu bereit, über kritische Punkte zu sprechen.“ Im August hatte die sächsische Landeskirche die evangelikale Missionsarbeit anderer Werke gegen Vorwürfe in einem Beitrag des ZDF-Magazins „Frontal 21“ in Schutz genommen. In der Sendung waren Evangelikale in die Nähe islamischer Selbstmordattentäter gerückt worden.